Bätzing: Zölibat wertvoll - aber besser freiwillig
Der Limburger Bischof Georg Bätzing kann sich eine Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester in Deutschland gut vorstellen. "Ich glaube, es schadet der Kirche nicht, wenn Priester frei sind, zu wählen, ob sie die Ehe leben wollen oder ehelos leben wollen", sagte Bätzing in einem Interview, das am Mittwochabend im Radioprogramm hr-info des Hessischen Rundfunks ausgestrahlt wird. Dies würde bedeuten, die Lebensform für Priester "freizustellen", so Bätzing.
Zugleich sei es aber wichtig, den Zölibat als Lebensform zu "retten", ergänzte der Bischof: "Mir ist der Zölibat viel wert. Denn so hat Jesus gelebt. Als Priester will ich nicht nur Funktionär und Beamter sein, sondern will eigentlich in seinen Fußstapfen gehen."
Bei einer Freistellung des Zölibats, so Bätzing weiter, wäre es wohl so, "dass die meisten Priester heiraten", so wie dies auch in der evangelischen Kirche der Fall sei. Dort aber sei die wertvolle Lebensform des Zölibats nahezu verschwunden: "Im Grund gibt es in der evangelischen Kirche nicht mehr das gelebte Zeugnis der Ehelosigkeit in der Nachfolge Jesu." Deshalb müsse man Formen finden, die eine wie die andere Lebensform zu stärken.
Klar sei aber auch: "Die Ehelosigkeit ist mit dem Priesteramt nicht wesentlich verbunden. Und wenn sie mehr und mehr zum Hindernis wird, dann müssen wir das überdenken." Eine Freigabe des Zölibats könne er als Ortsbischof aber nicht verfügen, dies müsste vom Papst rechtlich erlaubt werden.
Er selbst stehe deshalb in einem "Dilemma", sagte Bätzing zu hr-info. Ohne seinen Eid auf das Glaubensbekenntnis und die Lehre der Kirche wäre er nicht Bischof geworden. Zugleich wisse er auch, dass - falls innerhalb des Kirchenvolkes etwa im Bistum Limburg abgestimmt würde - das Ergebnis "vermutlich sehr stark in die Richtung der Freigabe gehen" würde.
Eine nationale Lösung sei "selbstverständlich eine Option", betonte Bätzing. Aber diese Option müsse den Bischöfen rechtlich vom Papst gegeben werden: "Sonst können wir es nicht tun, da bin ich mit Peter Kohlgraf ganz einer Meinung." Er sei aber, so der Bischof, "außerordentlich dankbar für Papst Franziskus", der in einigen Fragen schon gesagt habe, er könne sich regionale Lösungen vorstellen: "Ich bin sehr dafür, dass man das tut."
Seewald: Zölibat und Missbrauch getrennt verhandeln
Auch der Dogmatiker Michael Seewald hält eine räumlich begrenzte Aufhebung des Pflichtzölibats für möglich. "Ob Priester ehelos leben müssen oder es auch verheiratete Priester geben darf, braucht man weltkirchlich nicht einheitlich zu lösen", sagte Seewald der Deutschen Presse-Agentur in Köln.
"In den katholischen Ostkirchen gibt es verheiratete Priester, und in Ausnahmefällen gibt es sie auch ganz legal in der römisch-katholischen Kirche", so Seewald weiter. "Regional könnte man unterschiedliche Lösungen finden." Allerdings sei der Priestermangel fast überall so groß, dass wohl ein Dominoeffekt eintreten würde. "Würde man in einem Land verheiratete Männer zum Priesteramt zulassen, würden die meisten anderen Länder wohl versuchen, schnell nachzuziehen."
Die Diskussion über die vorgeschriebene Ehelosigkeit der Priester ist unter anderem durch den Missbrauchsskandal in der Kirche neu entbrannt. Seewald - der selbst Priester ist - sprach sich allerdings dafür aus, Zölibat und Missbrauch getrennt zu verhandeln. "Das eine ist eine Lebensform, das andere ein Verbrechen. Klar ist aber: In den vergangenen Monaten ist in die Diskussion um den Zölibat Bewegung gekommen." (rom/KNA/dpa)