Großteil skeptisch gegenüber Pflichtzölibat

Umfrage: Theologiestudenten wollen verschiedene Priestermodelle

Veröffentlicht am 18.03.2019 um 14:12 Uhr – Lesedauer: 

Tübingen/Bonn ‐ Der Zölibat sei kein zentrales Element ihres Verständnisses von einem katholischen Priester: Das gab eine Mehrheit von Theologiestudenten in einer Umfrage an. Die ehelose Lebensform ganz abschaffen wollen die meisten jedoch auch nicht.

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Theologiestudenten wollen nach einer Umfrage gerne zwischen verschiedenen Modellen für das Priesteramt wählen können. Bei der Vorstudie zeigte sich ein Großteil skeptisch gegenüber der für katholische Priester geltenden Verpflichtung zum ehelosen Leben.

Hinter der bislang unveröffentlichten Untersuchung stehen der emeritierte Tübinger Religionspädagoge Albert Biesinger sowie der Bonner Moraltheologe Jochen Sautermeister. 2015 hatten sie in Bonn, Frankfurt Sankt Georgen, Freiburg, Mainz, München, Regensburg und Tübingen insgesamt 479 Studierende - 298 Frauen und 181 Männer - in verschiedenen Studiengängen etwa zu Studieninteressen und zu Einstellungen gegenüber Lebensformen wie Zölibat und Ehe schriftlich befragt. Die Wissenschaftler halten die Ergebnisse nicht für repräsentativ, sehen sie aber "aufgrund der hohen Datenmenge als bemerkenswerte Tendenzaussagen".

Nach der Studie hat sich mehr als die Hälfte der männlichen Studierenden mit der Frage befasst, ob der Priesterberuf eine Lebensoption für sie ist. Knapp 30 Prozent der Männer gaben an, wegen des Zölibats einen anderen Beruf als das Priesteramt anzustreben. Für mehr als 60 Prozent ist der Zölibat demnach "kein zentrales Element ihres Verständnisses von einem katholischen Priester" - "weder aus traditionell-religiösen noch aus praktischen Überlegungen". Unter Frauen ist diese Ansicht verbreiteter als unter Männern.

"Priester im Zivilberuf"

Mehr als zwei Drittel aller Befragten halten das Priesteramt für vereinbar mit Ehe und Familie. Bei den Studentinnen waren es sogar 88 Prozent. 70 Prozent sehen ein Miteinander von zölibatär und nicht zölibatär lebenden Priestern als ein kirchliches Zukunftsmodell. 30 Prozent der männlichen Studenten, die nicht Priester werden wollen, sehen im "Priester im Zivilberuf" eine Option für das eigene Leben. Dieses Modell gibt es bislang in der katholischen Kirche für Diakone.

Bild: ©KNA

Albert Biesinger ist emeritierter Professor für Religionspädagogik der Universität Tübingen.

Die Befunde legen aus Sicht der Wissenschaftler nahe, dass die "gängigen Begründungen der berufungs- und sakramententheologischen Frage nach dem Verhältnis von Berufung zum priesterlichen Dienst, Lebensform und hauptamtlichen Priesterberuf unter den Studierenden katholischer Theologie offener diskutiert werden sollen". Die Möglichkeit einer doppelten Berufung - also sowohl zum Priestertum als auch zur Ehe - kann sich nach der Studie "auf eine gewisse Akzeptanzbasis berufen".

Vor dem Hintergrund der Debatten bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz halten Sautermeister und Biesinger eine breit angelegte repräsentative Studie zu diesen Fragen unter allen Theologiestudierenden für sinnvoll. Bei der Frühjahrstagung der Bischöfe war es unter anderem auch darum gegangen, welche Konsequenzen der Missbrauchsskandal haben sollte. Dabei kam auch die Lebensform von Priestern zur Sprache.

"Über kurz oder lang ist das das Ende der Eucharistie"

Bereits die jetzige Studie sei ein Zeichen dafür, dass die pauschale Aussage "Ohne Zölibat gebe es nicht mehr Berufungen", die er in der Vergangenheit auch von Bischöfen gehört habe, so nicht richtig sei, sagte Biesinger katholisch.de am Montag. Neben Theologiestudenten schlägt er für eine breitere Studie auch eine Befragung von jungen Religionslehrern oder Pastoralreferenten vor.

Der Religionspädagoge plädiert dafür, nicht nur über die Weihe sogenannter Viri probati zu diskutieren, die dann hauptberufliche Priester werden. "Mir geht es dezidiert auch um junge Männer, die in ihrem Zivilberuf bleiben würden, die ein anderes Profil und eine andere Biographie haben", so Biesinger. Nur so könne man den Rückzug der Eucharistiefeier aus dem Nahbereich der Menschen stoppen. Es sei ein falsche Annahme, dass Gläubige sonntags auch 30 Kilometer für einen Gottesdienst fahren würden. "Über kurz oder lang ist das das Ende der Eucharistie", ist Biesinger sicher. (bod/KNA)

18.03.2019, 17.06 Uhr: ergänzt um weitere Aussagen Biesingers