Familienministerin sieht fehlende Bereitschaft zur Missbrauchsaufarbeitung

Kohlgraf bezeichnet Giffey-Kritik an Kirche als "verwunderlich"

Veröffentlicht am 28.03.2019 um 11:52 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sieht in der deutschen Kirche bislang keine echte Bereitschaft, etwas gegen Missbrauch zu tun. Diese Aussage lässt der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf nicht auf sich sitzen.

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Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf verteidigt die Bemühungen der katholischen Kirche um eine Aufarbeitung des Missbrauchsskandals gegen Kritik. Entsprechende Einlassungen von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bezeichnete er in einem Facebook-Post am Mittwoch als "verwunderlich".

Giffey hatte zuvor Taten und personelle Konsequenzen von der Kirche verlangt. Es gebe bislang lediglich eine "deklaratorische Bereitschaft, etwas zu tun", so die Politikerin. Er habe sich beim Lesen von Giffeys Aussage die Augen gerieben, so Kohlgraf. "Was mache ich, was machen denn die anderen Bischöfe die letzten Monate?"

Externe Fachleute arbeiten im Bistum Mainz

Das Bistum Mainz setzte Anfang März zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs eine Beratergruppe ein, zu der auch externe Fachleute gehören. Auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz kündigte deren Missbrauchsbeauftragter, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung in Lingen neue Projekte zur Aufarbeitung, Entschädigung und Vorbeugung von Missbrauch an.

Zudem beschlossen die katholischen Bischöfe einen "verbindlichen synodalen Weg" zur Erneuerung und zu Veränderungen der Kirche. In diesem Zusammenhang sollen der Zölibat, die Sexualmoral der Kirche und der "nötige Machtabbau" bei Klerikern zur Debatte gestellt werden.

Eine von den Bischöfen in Auftrag gegebene Untersuchung hatte aufgrund von Aktenstudien eine Zahl von 3.677 Missbrauchsopfern in der deutschen Kirche ermittelt. Demnach gab es zwischen 1946 und 2014 in Deutschland mindestens 1.670 Beschuldigte sexueller Übergriffe, darunter mehrheitlich Priester. Damit sind rund 4,4 Prozent aller deutschen Kleriker aus dem Untersuchungszeitraum des Missbrauchs beschuldigt. Dafür ausgewertet wurden rund 38.000 Akten. Zugleich war die Rede von einer vermutlich weitaus höheren Dunkelziffer. (tmg/KNA)