Erfurter Bischof widerspricht Kardinal Müller

Neymeyr: Neu über Priesteramt nachdenken

Veröffentlicht am 16.04.2019 um 16:41 Uhr – Lesedauer: 

Erfurt ‐ Erfurts Bischof Ulrich Neymeyr widerspricht Kardinal Gerhard Ludwig Müller: Niemand wolle durch die Missbrauchskrise das sakramentale Priestertum aus den Angeln heben. Über die Rolle des Priesters müsse man dennoch neu nachdenken.

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Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr hat "alle in unserer Kirche" dazu aufgerufen, über das Verständnis des Priesteramtes neu nachzudenken. Als Folge des Missbrauchsskandals werde zurzeit über das Priesterbild "viel diskutiert und gerungen", sagte Neymeyr am Dienstag im Erfurter Dom vor Geistlichen seines Bistums. So habe etwa Kardinal Gerhard Ludwig Müller kritisiert, man wolle "das sakramentale Priestertum mit der Missbrauchskrise aus den Angeln heben". Aus Neymeyrs Sicht aber "geht es jetzt weder darum, das sakramentale Priestertum in unserer Kirche abzuschaffen, noch es mit aller Härte zu verteidigen".

In der katholischen Kirche habe sich der Glaube herausgebildet, dass die Weihe zum Priester eine "unauslöschliche, unzerstörbare Prägung durch Jesus Christus" bewirke, die die Würde der Geweihten begründe, erläuterte Neymeyr. Er sprach sich dafür aus, dieses Verständnis nicht nur auf Priester zu begrenzen, sondern auszudehnen. Denn eine solche Prägung werde "nicht nur beim Weihesakrament durch Jesus Christus unauslöschlich eingeprägt", sondern auch "bei der Taufe und bei der Firmung, also bei allen Sakramenten, die nur einmal im Leben empfangen werden können". Daher seien alle Getauften und Gefirmten aufgerufen, stärker als bisher mitzuwirken und Kirche mitzugestalten.

Der ehemalige Mainzer Weihbischof Ulrich Neymeyr ist seit 2014 Bischof von Erfurt.
Bild: ©picture alliance / dpa / Michael Reichel

Ulrich Neymeyr ist seit 2014 Bischof von Erfurt.

Die Prägung, so der Bischof, sei für Priester oft "weniger eine Würde als vielmehr eine Bürde". Es bleibe eine lebenslange Herausforderung, Jesus Christus "nicht nur bei der Feier der Heiligen Messe und der anderen Sakramente zu repräsentieren, sondern jeden Tag von morgens bis abends". Während die Zahl der katholischen Priester in Deutschland geringer werde, "wachsen die Ansprüche", betonte Neymeyr weiter. Ein Pfarrer könne heute nicht mehr alles alleine erledigen, sondern brauche Unterstützung.

Auch der Magdeburger Bischof Gerhard Feige äußerte sich zu den aktuellen Herausforderungen des Priesterberufs. "So sollen Priester Gemeindeleiter sein oder Kooperatoren, manche sehen in ihnen 'sakral legitimierte Heilsvermittler', andere schreiben ihnen Manager-Aufgaben zu oder halten sie für Systemwächter, Brauchtumspfleger beziehungsweise Verhaltenskontrolleure", so Feige. "Vor allem aber sollen sie Seelsorger sein und bleiben."

Notwendig seien Priester, die sich immer wieder neu die Frage stellten, welchen Platz Jesus Christus in ihrem Leben habe, erklärte der Bischof weiter. Ohne dass dies "Abgrenzung" oder "Herrschaft über die anderen" zur Folge habe, müssten Priester "als Zeichen und Werkzeug Jesu Christi" handeln.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Gerhard Feige ist seit 2005 Bischof von Magdeburg.

Feige mahnte alle Geistlichen zudem, "nicht nur die Einheit der Gläubigen zu fördern, sondern sie auch selbst zu leben". Er betonte: "Sich öffentlich gegen den Bischof oder gegen Mitbrüder im priesterlichen Dienst zu positionieren beziehungsweise gar seine oder ihre Katholizität in Frage zu stellen, verletzt aber diese fundamentale Einheit." Selbstverständlich gebe es unterschiedliche Auffassungen. "Wenn wir aber tatsächlich die Sakramentalität der Kirche darstellen wollen und sollen, bleibt es geradezu unabdingbar, sich immer wieder mit allen Kräften um die Einheit in Christus zu mühen."

Beide Bischöfe äußerten sich während der Chrisam-Messe in ihrer jeweiligen Kathedrale. In dem einmal jährlich stattfindenden Gottesdienst werden die heiligen Öle geweiht, die im Lauf des Kirchenjahres zur Spendung der Sakramente verwendet werden. Dazu kommen traditionell in der Karwoche die Geistlichen in der Kathedrale ihres Bistums zusammen. (rom/KNA)