Regierung habe den Feiertag für die Wirtschaft geopfert

Theologe kritisiert Karfreitagsregelung in Österreich

Veröffentlicht am 19.04.2019 um 12:21 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Die neue Karfreitagsregelung in Österreich stößt weiter auf Kritik. Bei einer Demonstration kritisierten evangelische Kirchenvertreter die Neuregelung am Freitag in Wien und machten der Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz schwere Vorwürfe.

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Der Wiener Theologe Ulrich Körtner warnt mit Blick auf die neue Karfreitagsregelung in Österreich vor einem "Kulturbruch". Die Bundesregierung des Landes habe den Karfreitag auf dem Altar wirtschaftlicher Interessen geopfert, erklärte der Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien am Freitag auf einer Demonstrationsveranstaltung in der Stadt. In Österreich ist der Karfreitag seit diesem Jahr kein gesetzlicher Feiertag für Evangelische mehr. Nun müssen sie ihn beim Arbeitgeber als persönlichen Feiertag deklarieren und dafür einen Urlaubstag nehmen.

Schon stehe die Forderung im Raum, es solle künftig gar keine religiösen Feiertage mehr geben, dafür allerdings mehr Urlaubstage, sagte Körtner. Die Menschen könnten dann selbst entscheiden, ob sie zu religiösen Festen freinehmen wollen oder nicht. Die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz habe dieser Idee zwar erst einmal eine Abfuhr erteilt, aber selbst den Weg in diese Richtung geöffnet. Körtner: "Wenn Religion zur reinen Privatsache erklärt wird, mündet das in einen Laizismus à la Frankreich, der in unserem Land gegenüber der bisherigen Präsenz von Religion im öffentlichen Raum einem Kulturbruch gleichkäme."

Karfreitag als Ursprung des Kreuz-Symbols

Es sei sonderbar, dass in Österreich ausgerechnet jener Tag, der wie kein anderer den Ursprung und eigentlichen Sinn des Kreuz-Symbols verdeutliche, für die Bevölkerungsmehrheit ein Arbeitstag sei, sagte Körtner. Das Kreuz stehe für die "bedingungslose Würde aller Menschen, insbesondere der Bedürftigen und Schwachen, und für eine Kultur der Barmherzigkeit und der Mitmenschlichkeit. Das sind wesentliche Grundlagen einer humanen Gesellschaft, welche die Realität des Leidens nicht verdrängt, an die der gekreuzigte Christus uns erinnert". Wem es damit ernst sei, der solle für "den Karfreitag als gesetzlichen Feiertag für alle eintreten", so Körtner.

Die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Wien (Lutheraner), die Evangelische Kirche Helvetischen Bekenntnisses in Wien (Reformierte), die Evangelisch-methodistische Kirche sowie die Altkatholische Kirche demonstrierten am Karfreitag in Wien auf einer Aktion im Anschluss an die Vormittagsgottesdienste unter dem Motto "Seid Getrost" gegen die neue Feiertagsregelung. An der Debatte um den Karfreitag als Feiertag hänge viel mehr als nur Arbeitsrecht oder Wirtschaftsinteressen. Es gehe um den christlichen Glauben, die Relevanz von Spiritualität und um den Umgang mit Minderheiten und um gegenseitigen Respekt, hieß es. (epd)