Zur Mutter der Kirche
Das ist, das war das blühende Wappen des amtierenden Papstes in den Vatikanischen Gärten. Kein Gärtner wird es mehr erneuern. Natur und Welt nehmen Abschied von der Ära Benedikt XVI. Die Zeichen stehen auf Wandel im Park hinter dem Petersdom.
Besonders rege geht es seit Wochen in einem Haus hangaufwärts zu. Hinter einem wehrhaften Metalltor und blickdichten Hecken klopfen und spachteln Handwerker der Technischen Dienste des Vatikan. Die Fenster stehen offen, aus den oberen Geschossen hängen gelb-rote Schuttrutschen, der Lastwagen in der Zufahrt hat Baustahlmatten geladen. Ein Zeichen, dass Großes im Gange ist.
Das künftige Domizil von Benedikt XVI. wird von Grund auf saniert. Über Einzelheiten hüllt sich der Vatikan in Schweigen. Von außen ist nicht zu erkennen, ob etwa ein Aufzug oder andere seniorengerechte Einrichtungen installiert werden. Der alte kleine Palazzo, in dem einst der vatikanische Gärtner wohnte, verteilt seine 450 Quadratmeter Wohnfläche auf vier Etagen. Benedikt XVI. leidet an Arthrose; Treppensteigen fällt da schwer.
"Zentrum der Stille"
Aber er wird seine Wahl überlegt getroffen haben, und er kennt seinen Alterssitz von mehreren Besuchen. Im Jahr seiner Papstwahl 2005, dann noch einmal 2006 und 2009 feierte er in der angrenzenden Kapelle, einem modernen, farblich angepassten Ziegelbau mit weißen Travertinbändern, eine Messe mit den Ordensfrauen, die hier in strenger Klausur lebten.
Sie kamen dem Wunsch von Johannes Paul II. nach, mitten im Vatikan ein "Zentrum der Stille, der Buße und des Gebetes" zu führen. "Mater Ecclesiae" ("Mutter der Kirche") lautete der programmatische Name des 1994 eingeweihten Komplexes. Die Präsenz der Schwesterngemeinschaften unterschiedlicher Nationen und Orden, die sich alle paar Jahre ablösten, sollten deutlich machen, dass auch in der Verwaltungszentrale Vatikan die Hinwendung zu Gott im Mittelpunkt stehen müsse.
Diese Aufgabe wird jetzt Chefsache. Benedikt XVI. wiederholt es bei den Abschiedsansprachen der vergangenen Tage, dass er sich als Hirte zurückzieht, aber seine Herde im Gebet begleiten will. Sinnfällig liegt seine Einsiedelei nächst der Petrussäule, die den geografischen Mittelpunkt des Vatikan markiert. Auch einen Garten hat das Kloster: Die weiße duftende Rose "Johannes Paul II." gedeiht hier neben fruchttragenden Pflanzen - Schönes und Nützliches. Zucchini, Kürbisse und Auberginen für den frugalen Tisch Joseph Ratzingers, auch Apfelsinen, die er in Form von Marmelade, hausgemacht von den Nonnen, schon als Papst schätzte.
Exklusive Lage
Bei aller Selbstgenügsamkeit - die Lage der Eremitage ist exklusiv: Von der Dachterrasse geht der Blick zum Pincio-Hügel mit der Villa Medici und Santa Trinita dei Monti bei der Spanischen Treppe. In der Ferne schimmern die Schneehöhen der Tiburtinischen und Prenestinischen Berge. Es ist ein Ort, der in der Stille liegt und Weite atmet. Er wäre wie geschaffen für die feinsinnigen Theologenmönche der frühen Kirchengeschichte, Basilius den Großen oder Gregor von Nazianz, die Askese mit Stil zu leben wussten. Benedikt XVI. ist ihr Geistesverwandter.
Zwei Monate will Benedikt XVI. sich zunächst am päpstlichen Sommersitz in Castel Gandolfo aufhalten. Weder der Wahl seines Nachfolgers noch dessen Amtsantritt wird er nach Aussage von Vatikansprecher Federico Lombardi beiwohnen. Dabei bräuchte er, wenn er schon in seinem Kloster wäre, nur am Fenster zu sitzen, um hinter den Palmen weißen Rauch von der Sixtinischen Kapelle aufsteigen zu sehen.
Von Burkhard Jürgens (KNA)