Gläubige Politiker seien nicht unbedingt bessere Menschen

Kramp-Karrenbauer: Es gibt keine christliche Politik

Veröffentlicht am 23.05.2019 um 11:12 Uhr – Lesedauer: 

Hamburg ‐ Es könne "christliche Politiker geben, aber keine christliche Politik", betont Annegret Kramp-Karrenbauer. Wie sie das meint, erläutert die CDU-Vorsitzende in einem Gastbeitrag – und warnt davor, die christliche Botschaft politisch zu verzwecken.

  • Teilen:

Nach Ansicht der CDU-Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer kann es "christliche Politiker geben, aber keine christliche Politik". Sie sei "Christdemokratin mit Leib und Seele", erklärte Kramp-Karrenbauer in einem Gastbeitrag in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". Sie weise aber von sich, "eine christliche Politik zu machen".

"Die christliche Botschaft kennt keine christliche Politik", unterstrich die CDU-Politikerin, die dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angehört. Die Botschaft des Christentums könne Politikern Orientierung geben. Sie könne konkreten Entscheidungen eine Richtung geben, aber sie könne konkrete Entscheidungen nicht ersetzen. Diese Einsicht binde im Übrigen nicht nur Christen in der Politik, sie binde auch "religiöse Würdenträger mit ihren Ansprüchen und Erwartungen an Politik".

"Die christliche Botschaft ist Zweck und kein Mittel"

Wer die christliche Botschaft für seine Zwecke missbrauche, verkenne: "Die christliche Botschaft ist Zweck und kein Mittel. Das muss im Übrigen auch und gerade der Anspruch einer Partei sein, die das C im Namen trägt: Auch hier darf das C niemals für politische Zwecke instrumentalisiert werden. Das C darf für eine C-Partei niemals bloßes Dekor der eigenen Programmatik sein."

Die christliche Botschaft mache gläubige Politiker außerdem nicht zu besseren Menschen, fügte die Katholikin hinzu. Sie rate zur Vorsicht, wenn die christliche Botschaft mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger verbunden werde: "Erst recht ist diese Vorsicht im politischen Raum geboten."

Moralische Überlegenheit könne und dürfe niemals als politisches Argument gelten. "Auch christliche Politiker müssen mit ihren Überzeugungen in den politischen Wettstreit eintreten." Kramp-Karrenbauer war von 2011 bis 2018 Ministerpräsidentin des Saarlandes. Seit Ende 2018 ist sie Parteivorsitzende der CDU.

Kramp-Karrenbauer äußert sich immer wieder auch zu innerkirchlichen Debatten. Zuletzt hatte sie die katholische Kirche zu stärkerem Engagement bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und der Etablierung von Präventionsmaßnahmen aufgerufen. Die Kirche trage "ohne Wenn und Aber" Schuld daran, dass sie die Aufklärung dieser Verbrechen systemisch verhindert und damit auch Missbrauch ermöglicht habe, sagte sie in einem Interview Mitte April. Außerdem erklärte die Politikerin, dass sie nicht glaube, dass der verpflichtende Zölibat den sexuellen Missbrauch durch Priester und Ordensleute begünstigt habe. Zugleich zeigte sich Kramp-Karrenbauer skeptisch gegenüber der Reformfähigkeit der Kirche und sprach sich zum wiederholten Mal für die Öffnung des Priesteramtes für Frauen aus. (tmg/epd)