Das schönste Wahllokal der Welt
Solches Rätselraten will der Vatikan 2013 vermeiden. Zusätzlich zum Rauch soll zeitnah Glockengeläut Gewissheit darüber verschaffen, dass ein neuer Papst gewählt wurde – auch das hatte beim letzten Mal überdurchschnittlich lang gedauert. Beim bevorstehenden Konklave in der Sixtinischen Kapelle werden die gleichen Öfen benutzt, die schon 2005 zum Einsatz kamen.
Das schönste Wahllokal der Welt
Einer dient zur Verbrennung der benutzten Stimmzettel, der andere der Erzeugung des schwarzen oder weißen Rauchs, um der Welt einen erfolglosen oder erfolgreichen Wahlgang anzuzeigen. Hier werden die sonst so frommen Kirchenmänner tatsächlich ein wenig tricksen: Um eine möglichst eindeutige Rauchfarbe zu erhalten, würden bei der Verbrennung chemische Mittel zugesetzt, verriet Vatikansprecher Frederico Lombardi in Rom.
Doch nicht nur die beiden Öfen lassen die Vatikanoberen derzeit in der Sixtinischen Kapelle installieren - auch sonst putzt sich das schönste Wahllokal der Welt heraus für das bevorstehende Großereignis: Laut Vatikansprecher Lombardi ist die größte Maßnahme das Verlegen eines zweiten Fußbodens, um Treppenstufen auszugleichen. Anschließend finden Sitze und Pulte für die Konklaveteilnehmer ihren Weg in den berühmten Bau.
Gerangel um den besten Platz
Bei der Wahl kommen dann gleich drei verschiedene Urnen zum Einsatz – auch hier sind es die gleichen wie schon im Jahr 2005: Eine für die Stimmabgabe in der Kapelle, eine weitere für die ausgezählten Stimmen und eine dritte für kranke oder gebrechliche Mitglieder des Wahlkollegiums, die nicht in die Sixtina kommen können. Diese Kardinäle dürfen im vatikanischen Gästehaus Santa Marta ihre Stimme abgeben.
Der geheime Charakter des Konklaves ließ im Laufe der Jahrhunderte nicht nur über das Kardinalstreffen selbst, sondern auch über die Sixtinische Kapelle Legenden und Mythen entstehen. Manche skurrile Begebenheit ist überliefert. So hatte sich im 16. Jahrhundert ein besonders begehrter Wahlplatz herauskristallisiert: Nachdem mehrfach Kardinäle zum Papst gewählt wurden, die genau unter Pietro Peruginos Gemälde "Schlüsselübergabe des Petrus" saßen, gab es Gerangel um diesen Platz. Dem Zeremonienmeister blieb nichts anderes übrig, als die Verteilung der Sitze auszulosen.
Die Zeigefinger von Gott und Adam
Über die wohl bekanntesten Deckengemälde der Welt, Michelangelos Fresken in der Sixtinischen Kapelle, gibt es viele Irrtümer. Ein markantes Beispiel: In dem Gemälde "Die Erschaffung Adams", bekannt von Postern, Titelbildern und aus Filmen, gibt es entgegen der landläufig verbreiteten Auffassung keine Berührung zwischen den Zeigefingern Gottes und Adams, wie der Wittener Kunstwissenschaftler David Hornemann von Laer anlässlich deren 500-jährigen Bestehens im Oktober 2012 klarstelle: "Die Berührung realisiert sich einzig durch die weiterführende Vorstellung des Betrachters und erscheint wegen des dominierenden Eindrucks der Vorwärtsbewegung nahezu ununterdrückbar". Daher werde in den meisten Beschreibungen gesagt, die Finger berührten sich tatsächlich, erklärte Hornemann von Laer, der über Michelangelos Fresken seine Doktorarbeit geschrieben hat.
Der Brauch des Einschließens ("conclave" = lat. "verschlossener Raum") stammt übrigens nicht aus der Sixtina. Er ist erstmals überliefert für das Jahr 1216 – und hat seinen Ursprung schlicht in dem Verdruss über einen zu schleppenden Verlauf der Papstwahl. Besonders arg ärgerten sich die Stadtväter des knapp 80 Kilometer nördliche von Rom gelegenen Viterbo nach dem Tod Clemens IV. 1268: Sie mussten über Jahre ein total zerstrittenes Kardinalskollegium im Bischofspalast beherbergen. Zur Beförderung des Einigungswillens wurden die Streithähne ab Sommer 1270 eingemauert, ihre Nahrungsrationen gekürzt und zeitweilig gar das Dach abgedeckt. Immerhin: Schon am 1. September 1271 wurde mit Gregor X. ein buchstäblich "Außenstehender" gewählt. (mit Material von KNA).
Von Gabriele Höfling