Berliner Erzbischof wird 65 Jahre alt

Heiner Koch – ein Rheinländer in der ostdeutschen Diaspora

Veröffentlicht am 13.06.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Als Hauptstadtbischof gehört Heiner Koch seit vier Jahren zur ersten Riege der deutschen Bischöfe. Heute hat der Oberhirte doppelt Grund zur Freude: Er wird 65 Jahre alt und feiert zudem den 39. Jahrestag seiner Priesterweihe. Katholisch.de zeichnet die wichtigsten Stationen von Kochs Lebensweg nach.

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Für Heiner Koch ist der 13. Juni alljährlich Grund für doppelte Freunde. An diesem Tag feiert der Erzbischof von Berlin nämlich nicht nur seinen Geburtstag, sondern auch den Jahrestag seiner Priesterweihe. Während für Koch selbst beide Ereignisse wohl einen ähnlich hohen Stellenwert haben dürften, wird der Geburtstag zumindest in der Öffentlichkeit in diesem Jahr wahrscheinlich deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren. Denn Koch feiert an diesem Donnerstag nicht irgendeinen Ehrentag, sondern einen durchaus besonderen – er wird 65 Jahre alt.

Geboren wird Koch am 13. Juni 1954 als Sohn eines Justizamtsrats in Düsseldorf. Fast sechs Jahrzehnte lang spielt sich sein Leben danach in einem geografisch überschaubaren Gebiet entlang des Rheins zwischen seiner Heimatstadt, der Domstadt Köln und der damaligen Bundeshauptstadt Bonn ab. "Das Rheinland ist meine Heimat", so beschreibt Koch selbst es in seinem jüngst erschienen Buch "Zu Gott ums Eck – Wie Kirche zu den Menschen kommt". Und weiter: "Die Atmosphäre entlang des Rheins zwischen Düsseldorf und Bonn habe ich aufgesogen, sie hat mich erfüllt und geprägt."

Schon früh durch die Kirche geprägt

Schon in seiner Kindheit und Jugend wird Koch jedoch auch maßgeblich durch die katholische Kirche geprägt und sozialisiert. Neben seinem Elternhaus erlebt er seine Düsseldorfer Heimatgemeinde St. Gertrud in dieser Zeit wie eine zweite Familie. "Bei unserem Pfarrer sind wir damals ein- und ausgegangen; wir waren da fast schon zu Hause", erzählte er vor kurzem in einem Interview mit katholisch.de.

Nach dem Abitur am Düsseldorfer Geschwister-Scholl-Gymnasium zieht es Koch rund 90 Rheinkilometer aufwärts nach Bonn. An der dortigen Universität studiert er Katholische Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaft und beendet das Studium mit dem Staatsexamen in Erziehungswissenschaft und der Promotion mit einer Dissertation über das Thema "Befreiung zum Sein als Grundperspektive christlicher Religionspädagogik".

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Video: © KFA, Teresa Kammerlander

Erzbischof Koch spricht im Interview über seine Aufgabe als Familienbischof der Deutschen Bischofskonferenz und damit zusammenhängende Themen.

Das Sakrament der Priesterweihe empfängt Koch an seinem 26. Geburtstag im Kölner Dom, anschließend ist er als Kaplan im niederrheinischen Kaarst tätig. In den folgenden Jahren bildet die Jugendseelsorge zunächst einen Schwerpunkt seiner Arbeit. Unter anderem ist er Stadtjugendseelsorger und Präses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Stadtdekanat Neuss. Ab 1984 arbeitet Koch dann als Hochschulpfarrer an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, parallel ist er als Subsidiar in der Düsseldorfer St.-Paulus-Gemeinde tätig.

Wenige Jahre später erweitert sich Kochs Wirkungskreis auf die diözesane Ebene: 1989 wird ihm die Leitung der Abteilung Erwachsenenseelsorge im Kölner Generalvikariat übertragen. Nur drei Jahre später übernimmt er die Leitung der Hauptabteilung Seelsorge. Anfang des neuen Jahrtausends erlangt Koch als Generalsekretär des XX. Weltjugendtags in Köln Bekanntheit über das rheinische Erzbistum hinaus. Von 2002 bis 2005 ist er – inzwischen zum stellvertretenden Generalvikar aufgestiegen – maßgeblich für die Vorbereitung und Durchführung des Großtreffens verantwortlich.

Ein optimistischer Mensch voller Lebensfreude

Kurz nach dem Weltjugendtag steigt Koch in die Riege der Bischöfe auf. Am 17. März 2006 ernennt Papst Benedikt XVI. (2005-2013) ihn zum Weihbischof seiner Kölner Heimatdiözese, die Bischofsweihe empfängt er am 7. Mai durch Kardinal Joachim Meisner. Als bischöflichen Wahlspruch wählt sich Koch einen Text aus dem Philipperbrief: "Gaudete semper, Dominus prope" ("Freut euch allezeit, der Herr ist nahe") – eine Aussage, die gut zu seiner rheinischen Persönlichkeit passt. Koch ist ein optimistischer Mensch voller Lebensfreude, die sich unter anderem in seiner Begeisterung für den Karneval zeigt. Konfession "rheinisch-katholisch" sagt man dazu in seiner Heimat.

Als Weihbischof ist Koch im Erzbistum Köln für den Pastoralbezirk Süd mit der Stadt Bonn und den umliegenden Landkreisen zuständig. Außerdem ist er Bischofsvikar für die Seelsorge an fremdsprachigen Katholiken in der Erzdiözese und ab 2012 Vorstandsvorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes. Für den Rheinländer Koch hätte es wohl immer so weitergehen können – doch 2013 nimmt sein Leben eine überraschende Wende. Am 18. Januar ernennt Benedikt XVI. Koch zum Bischof von Dresden-Meißen. Nach knapp 60 Jahren am Rhein wechselt er damit an die Elbe, vor allem aber wechselt er vom tief katholisch geprägten Rheinland in die ostdeutsche Diaspora – krasser hätte der Wechsel kaum ausfallen können.

Bild: ©katholisch.de/stz

Erzbischof Heiner Koch im April 2018 bei einem eintätigen "Pflegepraktikum" im Caritas-Seniorenzentrum Sankt Konrad in Berlin-Oberschöneweide. Der Einsatz für Benachteiligte und Menschen in Not ist für ihn eine Herzensangelegenheit.

Doch Koch kommt in Sachsen schnell an und wird mit ganzem Herzen zum Diasporabischof. Seine volksnahe und bescheidene Art kommt an, auch seine menschliche Unkompliziertheit und sein Humor. Umso trauriger sind die sächsischen Katholiken, als Kochs Amtszeit in Dresden am 8. Juni 2015 durch seine Ernennung zum Berliner Erzbischof schon nach zwei Jahren wieder zu Ende geht. Am 19. September wird Koch in der St. Hedwigs-Kathedrale durch den Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt in sein neues Amt eingeführt. In seiner Predigt ruft Koch die Christen dazu auf, ungeborene, schwache, arme und sterbende Menschen sowie Flüchtlinge nicht auszugrenzen. Der Einsatz für Benachteiligte und Menschen in Not ist für ihn eine Herzensangelegenheit.

In Berlin erbt Koch von seinem Vorgänger Kardinal Rainer Maria Woelki zwei große Baustellen: die laufende Strukturreform, bei der unter dem Leitmotiv "Wo Glauben Raum gewinnt" aus den Pfarrgemeinden des Erzbistums etwa 35 "pastorale Räume" gebildet werden sollen, sowie den vieldiskutierten Umbau der Hedwigs-Kathedrale, bei dem unter anderem die zentrale Bodenöffnung in der Kirche verschlossen werden soll. Beide Themen sind schwierig und mit vielen Emotionen besetzt. Umso mehr fällt auf, wie gut und geräuschlos Koch sie moderiert.

Die christliche Botschaft voller Entschiedenheit wachhalten

Wie er ansonsten mit den Berlinern zurechtkommt, schildert Koch anschaulich in seinem jüngst erschienenen Buch. Darin erzählt er von Begegnungen und Einsichten in seinem Alltag als Erzbischof einer Stadt, die immer wieder als "Hauptstadt des Atheismus" bezeichnet wird. Dass das so jedoch nicht stimmt, darauf weist er gleich zu Anfang hin. Zwar fände die Welt für die meisten Berliner ohne Gott statt. "Dennoch habe ich die gute und tiefe Erfahrung gemacht, wie sehr manche vermeintlich 'Ungläubige' doch eine Ahnung von jener liebenden und beschützenden Kraft haben, die wir Christen Gott nennen", schreibt Koch.

Von seinen Begegnungen mit kirchenfernen Menschen erzählt er in einem wertschätzenden Tonfall und mit den Augen eines interessierten und manchmal staunenden Beobachters. Sein Fazit: Es sei gut und wichtig, "dass wir auch bei den Menschen, die sich als ungläubig bezeichnen, sehr achtsam und aufmerksam bleiben". Christen sollten in aller Entschiedenheit ihren Glauben und die christliche Botschaft für diese Menschen wachhalten. Dass man das christliche Zeugnis dabei in Berlin auch mal "ums Eck" tragen muss, schreckt Koch nicht. Er sei fest davon überzeugt, dass Gott da sei. "Vielleicht ist er für manche nicht so gradlinig und nicht so offensichtlich da. Manchmal muss man schon den Blick um die Ecke wagen und vielleicht um die Ecke gehen. Dann spürt man, dass er doch da ist." Es sind solche Aussagen, die viel über den Menschen und Priester Heiner Koch aussagen – und die zeigen, wie sehr er in der Diaspora angekommen ist.

Von Steffen Zimmermann