Bruch des Beichtgeheimnisses: Prozess gegen Priester beginnt
In Italien hat das kirchliche Gerichtsverfahren gegen einen Priester begonnen, der das Beichtgeheimnis gebrochen hat, um Missbrauchstäter zu schützen. Dazu gab er im Jahr 2017 Details weiter, die er aus einem Beichtgespräch mit der Mutter eines mutmaßlichen Opfers erhalten hatte, berichtete die Nachrichtenseite "Crux" am Mittwoch. Der Geistliche steht der umstrittenen katholischen Organisation "Associazione Cattolica Cultura ed ambiente" ("Katholische Vereinigung für Kultur und Umwelt") nahe und wollte die Mitglieder über polizeiliche Ermittlungen gegen ihre Anführer informieren.
Das kirchliche Verfahren gegen den Priester hatte eigentlich bereits im April beginnen sollen, wurde aber aus unbekannten Gründen immer wieder verschoben. Am Montag wurde der Prozess schließlich mit der Aussage von Zeugen eröffnet. Einen Tag später hatte der Beschuldigte vor dem Kirchengericht aussagen sollen, doch dieser Termin wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Nach Informationen von "Crux" wird das Verfahren wohl bis in den Herbst hinein andauern.
Angeklagtem droht Exkommunikation
Der Angeklagte dürfe derzeit keine Messe feiern oder die Beichte hören, hieß es aus dem zuständigen Bistum. Werde er von dem Gericht verurteilt, drohe ihm gemäß Kirchenrecht die Strafe der Exkommunikation. Der Priester muss sich im Oktober zudem vor einem staatlichen Gericht wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verantworten.
Die wegen ihrer streng hierarchischen Struktur auch als Sekte bezeichnete Vereinigung ist in der süditalienischen Stadt Acireale beheimatet. Die Gemeinschaft wird von den sogenannten "Zwölf Aposteln" geleitet, die vom Gründer der Organisation, einem Priester und "spirituellen Sohn" des italienischen Volksheiligen Padre Pio, eingesetzt wurden. Der derzeitige Anführer versteht sich als Reinkarnation des Erzengels Michael. Der charismatische Laie soll wenigstens zehn Mädchen sexuell missbraucht haben, weshalb im Oktober ein Strafprozess vor einem staatlichen Gericht gegen ihn beginnt.
Eine Sonderkommission der Polizei geht von Taten aus, die sich über 25 Jahre hinweg erstrecken. Abgehörte Gespräche deuten darauf hin, dass die sexuelle Gewalt in der Organisation als "Beispiele reiner Liebe" und "Liebe von oben" bezeichnet wurden. Neben sexuellen Übergriffen wurden die Opfer auch zu Zwangsarbeit verpflichtet. (rom)