Evangelischer Kirchentag in Dortmund eröffnet
Mit Gottesdiensten unter freiem Himmel hat am Mittwochabend der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) begonnen. Bei strahlendem Sonnenschein fanden sich Zehntausende auf drei zentralen Plätzen in der Dortmunder Innenstadt ein. Das Christentreffen dauert bis Sonntag und steht unter dem Motto "Was für ein Vertrauen".
Steinmeier: Deutschland vertraut auf die Demokratie
Bei der zentralen Eröffnung rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem friedlichen Zusammenleben auf. Zudem mahnte er eine Verständigung zwischen Völkern und Religionen und den Einsatz für Klima und Umwelt an. In Anlehnung an das Kirchentagsmotto warb er dafür, die Zukunft mit Vertrauen zu gestalten. Deutschland vertraue in Rechtsstaat, Demokratie und in das vor 70 Jahren beschlossene Grundgesetz.
Es sei nicht hinzunehmen, wenn Vertrauen bröckele, so Steinmeier. So zeige sich 30 Jahre nach dem Mauerfall, dass es in Ostdeutschland neben Aufbruch enttäuschte Hoffnungen gebe. Junge Menschen erwarteten, dass ihnen eine lebenswerte Erde hinterlassen werde. Mit Blick auf Muslime und Juden sagte er: "Sie vertrauen unserem Land - und haben selbst Vertrauen verdient." Keine Jude solle sich fürchten müssen, auf deutschen Straßen eine Kippa zu tragen.
Steinmeier warb auch dafür, Rats- und Parlamentsvertretern Vertrauen und Respekt entgegenzubringen. "Sie verdienen vor allem Schutz vor jeder Form von Herabwürdigung, Hetze und roher Gewalt." Erschüttert zeigte sich das Staatsoberhaupt über den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU). Der Verdacht sei unerträglich, dass ein Rechtsextremist einen politischen Mord begangen habe.
Eine Ursache für mangelndes Zukunftsvertrauen sieht der Bundespräsident in der Digitalisierung. Viele seien besorgt, dass Big Data immer tiefer in Alltag und Arbeitswelt eindrängen. Den Kirchentag habe es immer ausgezeichnet, dass er sich solcher Themen annehme. "Wir wollen die Welt nicht nur beschreiben und beklagen, sondern wir wollen sie zum Besseren verändern", sagte der Bundespräsident.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hob hervor, dass die Kirche enorm zur Bewältigung der Zukunftsaufgaben und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitrage. Zwar hätten manche das Vertrauen in die Gestaltungskraft der Politik verloren. Doch es brauche die Politik, um die großen Aufgaben der Zeit zu lösen.
Die gastgebende Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, sagte im Eröffnungsgottesdienst, neues Vertrauen könne entstehen, wenn "Gott so unerhört zart, so heilsam und heilvoll stark unser Leben kreuzt". Auch die Kirche habe teils Vertrauen erschüttert, schändlich missbraucht und "perfide ausgenutzt". Angesichts dieser Erschütterung von Fundamenten des Lebens hätten junge Leute das Motto des Kirchentages, "Was für ein Vertrauen", inspiriert.
Der katholische Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker betonte, in einer so multireligiös und multikulturell geprägten Stadt wie Dortmund sollten die Kirchen gemeinsam mit anderen Religionen die Friedensbotschaft für die ganze Gesellschaft fruchtbar machen.
Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) nannte es gut und richtig, dass der Kirchentag wichtige gesellschaftspolitische Themen aufgreife. "Statt Ellbogenmentalität gilt es, Gemeinschaftssinn und Zusammenhalt zu zeigen", sagte er laut Redetext in einem Grußwort im Anschluss an den Gottesdienst. Der Kirchentag trete für Vertrauen ein und trage dazu bei, die gesellschaftliche Verantwortung jedes einzelnen Menschen für die Gemeinschaft wieder mehr ins Bewusstsein zu rücken.
Straßenfest mit Livemusik
Der Tag klang mit einem Straßenfest aus. Auf vielen Bühnen gab es Livemusik. Am Donnerstagvormittag beginnt die inhaltliche Arbeit des Kirchentags. (gho/epd/KNA)