Die Johannisnacht - Eine Zeit des Aufbruchs
Wer liebt nicht die langen Sommerabende, wenn man abends noch lange draußen sitzen kann und das Leben genießt? Diese hellen Abende sind ganz besonders. Nicht umsonst gibt es rund um den längsten Tag des Jahres - rund um den Johannistag und die Johannisnacht vom 23. auf den 24. Juni - verschiedene Bräuche. In vielen Teilen Europas wird in dieser Nacht das Johannisfeuer entzündet.
Springt ein Paar Hand in Hand über das Feuer, soll bald Hochzeit gefeiert werden. Wer sich einen Johannisstrauß aus sieben Kräutern über Nacht unter das Kissen legt, hofft auf Liebesglück, und in vielen Gegenden kommen die Menschen zusammen, um gemeinsam zu feiern und Zeit zu verbringen. Auch in der Landwirtschaft hat der Johannistag eine wichtige Bedeutung: Die Spargel- und Rhabarbersaison endet, gleichzeitig beginnt die Ernte vieler Feldfrüchte sowie die Heuernte.
Menschen hoffen auf Liebe und eine gute Ernte
Denkt man also an den Johannistag und die Johannisnacht, so steigen Bilder von Leben, Wärme, Gemeinschaft und Verheißung auf. Menschen hoffen auf Liebe und eine gute Ernte. Sie freuen sich daran, mit anderen Menschen zusammen zu sein und bringen ein, worum sie sich in den vergangenen Wochen und Monaten bemüht haben.
Damit ist dieser Tag auch ein Wendepunkt. Nicht nur in Bezug auf die Tage, die von nun an wieder kürzer werden, sondern auch in Bezug auf das eigene Leben. So, wie für alle in der Landwirtschaft nun deutlich wird, ob das Jahr ein lukratives Jahr sein wird, so kann es auch im Alltag bedeuten, dass es fruchtbare Veränderungen gibt. Diese können ganz unspektakulär beginnen - bei einem Johannisfeuer, bei einem Nachbarschaftstreffen, durch eine Geburt.
Auch die große Veränderung der Menschheitsgeschichte begann mit einer Geburt, mit der von Johannes dem Täufer. Er ist neben Maria, der Mutter Gottes, und Jesus der einzige, dessen Geburtstag in der Kirche gefeiert wird. Ein Hinweis darauf, dass mit ihm etwas Neues beginnt und eine wichtige Person in die Welt kommt.
Johannes ist der Vorläufer Jesu. Er glaubt fest daran, dass der Messias kommen wird und dass die Welt sich ändern wird. Für manche ist er ein Spinner, weil er fastet und extrem asketisch lebt. Andere halten ihn selbst für den Messias. Johannes weiß, dass es Zeit ist, sein Leben zu ändern und umzukehren. Er war so überzeugt von seiner Mission, dass er dafür ins Gefängnis ging und schlussendlich sogar enthauptet wurde.
Johannes hielt an seiner Sehnsucht nach dem Messias fest. Er gab seinen Traum nicht auf, dass die Zeit für den Anbruch des Reiches Gottes gekommen war. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass er selbst nur der Vorläufer war und im Erlösungsgeschehen nicht die Hauptrolle spielte. So heißt es im Johannesevangelium: "Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden." (Joh 3,30)
Auch wir sollten daran festhalten, was in der Zeit um die Johannisnacht vielleicht an Neuem in unserem Leben beginnen will. Das können der Wunsch und die Hoffnung auf eine Partnerschaft sein, die vielleicht am Johannisfeuer ihren Anfang nimmt - auch wenn alle um einen herum sagen, dass man wohl verrückt geworden sei. Das kann der Beginn einer Nachbarschaftsinitiative sein, die spontan bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken entsteht, auch wenn es in den Wochen und Monaten danach manchmal mühsam wird.
Wenn man nicht die Hauptrolle spielt
Es kann auch etwas sein, bei dem man selber - wie Johannes der Täufer - im weiteren Verlauf der Geschichte gar nicht die Hauptrolle spielt. Dennoch ist dieser Mann wichtig. Mancher fühlt sich vielleicht unbedeutend und meint, als einzelner nichts bewegen zu können. Dennoch kann man selbst außerordentlich wichtig sein für etwas, dessen Zeit gekommen ist. Manchmal bedarf es nur Menschen, die andere anstoßen oder mit ihren Ideen einen Weg für Neues bereiten. So wie Greta Thunberg in kurzer Zeit weltweit junge Menschen inspiriert hat, gegen den Klimawandel aktiv zu werden.
Die langen Sommerabende um die Johannisnacht laden dazu ein, dem nachzuspüren, was in der Luft liegt und im eigenen Herzen ansteht. Dann kann etwas Neues geschehen - vielleicht unscheinbar, vielleicht auf den ersten Blick verrückt, vielleicht aber sogar etwas, das die Menschheit verändert.