Experte Manfred Fink über Grenzen der Abhörsicherheit

Sichere Sixtina?

Veröffentlicht am 13.03.2013 um 00:00 Uhr – Von Gabriele Höfling – Lesedauer: 
Blick durch ein Gitter in die Sixtinische Kapelle.
Bild: © KNA
Konklave

Coburg ‐ Vor Beginn eines Konklaves muss die Sixtinische Kapelle auf Wanzen untersucht werden. Manfred Fink ist Sachverständiger für Abhörsicherheit. Er erklärt, wie Wanzen entdeckt werden können und warum er die Sixtina nicht für vollständig sicher hält.

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Frage: Herr Fink, kann man ein so großes und altes Gebäude wie die Sixtinische Kapelle überhaupt abhörsicher machen?

Fink: Nein, hundertprozentige Abhörsicherheit, das ist bei einem Bauwerk dieser Größe nicht möglich. Das gesamte Inventar lässt sich prüfen - mit einem entsprechenden technischen Aufwand, den die Experten vor Ort sicher auch betreiben. Ein gewisses Restrisiko bleibt naturgemäß bei den Personen, die anwesend sind. Das eigentliche Problem aber ist die Bausubstanz. Da kann es Schwachstellen geben, durch die sich Schallwellen nach außen übertragen. Solche Schwachstellen sind in historischen Gebäuden sehr oft irgendwo vorhanden - Schallkanäle, die möglicherweise in Vorzeiten bewusst hergestellt wurden, so dass man an anderen Stellen im Gebäude ohne technische Hilfe mit dem bloßen Ohr mithören kann. Man wird es in der Sixtina also höchstens schaffen, auf einen Sicherheitsgrad von 95 bis 98 Prozent zu kommen.

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Frage: Wie soll das gehen – einfach so Mithören?

Fink: Man kennt solche Beispiele von historischen Burgen und Schlössern. Ein anderes plastisches Beispiel, das aber ähnlich funktioniert: Bei Schiffen wurde dieser Effekt früher gezielt genutzt. Es gab eine Rohrleitung von der Brücke zum Maschinenraum und die Mannschaft hat über dieses Sprachrohr direkt kommuniziert. Schallwellen übertragen sich aber nicht nur in der Luft, sondern auch durch feste Materie, zum Beispiel Stein, Beton oder Metall. In Gefängnissen haben Häftlinge durch Morsezeichen mit einem Löffel an der Heizungsrohrleitung übers ganze Gebäude mit anderen kommuniziert. Im Prinzip könnte übrigens auch das Ofenrohr in der Sixtina so funktionieren.

Frage: Was kann man dann noch tun, um die Beratungen des Konklaves geheim zu halten?

Fink: Wenn man wirkliche Abhörsicherheit herstellen will, müsste man einen sogenannten Faradayschen Käfig herstellen. Das hieße, die Sixtinische Kapelle innen mit Blech zu verkleiden. Das ginge aber nicht nur technisch mit einem exorbitanten Aufwand einher. Es wäre auch angesichts des kunsthistorischen Werts der Kapelle natürlich nicht auszudenken. Ich denke mal, dass man da ganz gut mit den Restrisiken leben kann. Man wird also versuchen, herauszubekommen, ob sich alle an das Verbot jeder Kommunikation nach außen halten. Man kann zum Beispiel sehr gut ermitteln, ob jemand ein Handy bei sich trägt. Man kann mit Messgeräten sehr gut feststellen, ob jemand eine Wanze irgendwo versteckt hat. Das ist auch durch Fachleute geprüft worden. Eine weitere Schwachstelle sind die vielen Fenster im oberen Bereich. Sie könnten von außen mit Laserstrahlen auf Schwingungen abgetastet werden, die wiederum Schlüsse auf das zulassen, was gesprochen wurde. Dagegen könnten aber Rauschgeneratoren helfen, die die Schallwellen überlagern.

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Video: © katholisch.de

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Frage: Wo könnten Wanzen versteckt sein?

Fink: Der Fantasie sind da überhaupt keine Grenzen gesetzt. Sie können eine Wanze als jeden beliebigen Gegenstand tarnen. In einem Möbelstück, einem Stück Holz, im Inneren eines festen Körpers. Je unscheinbarer und unspektakulärer der Gegenstand aussieht, desto größer ist das Risiko, die Wanze zu übersehen. Aber mit der heutigen Technik wird man Wanzen mit hoher Wahrscheinlichkeit entdecken, wenn sie nicht gerade im Mauerwerk eingebaut sind.

Frage: Stellt denn die Unterbringung der Kardinäle im Gästehaus Santa Marta ein Risiko dar?

Fink: In Fachkreisen heißt es, das Gästehaus sei wie die Sixtina auf illegale elektrische Geräte überprüft worden. Ich bezweifle aber, dass man in einem Zeitraum von einigen Wochen die gesamte Sixtinische Kapelle und das Gästehaus auf einem hohen professionellen Niveau prüfen kann. Die Grund- und Wandfläche ist einfach gigantisch, und das allein schon bei der Sixtina, die ja sehr hoch ist. Die Frage ist, ob die Prüfung unter diesen Voraussetzungen den gewünschten oder auch erforderlichen Standard erreichen konnte. Ein laienhafter oder semiprofessioneller Lauschangriff - der dürfte wohl entdeckt worden sein. Aber wenn ein Profi einen gutgemachten Angriff geplant und unentdeckt Zugang zur Kapelle bekommen hat, wäre ich mir da nicht so sicher.

Zur Person

Manfred Fink lebt in Coburg und beschäftigt sich als Experte mit dem Thema Abhörsicherheit. Nach dem Ende der DDR bekam der gelernte Betriebswirt den Auftrag, die Abhörsysteme des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit abzubauen. 1999 wurde er schließlich der erste öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Abhörsicherheit. Heute beschäftigt er sich mit der Planung abhörsicherer Räume und führt auch Prüfungen durch.
Von Gabriele Höfling