Standpunkt

Zu wenige Priester? Nicht in die Strukturen flüchten!

Veröffentlicht am 28.06.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Es gibt immer weniger Priester. Die Antwort vieler Diözesen: Sie ändern die Pfarreistruktur. Dabei sei der Grund für den Priestermangel offensichtlich, findet Eckhard Nordhofen. Und "Viri probati" seien nicht nur am Amazonas vorstellbar.

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Beim ersten Hirtenwort des neuen Bischofs von Fulda ist meine Antenne selbstverständlich auf die Frequenz von Sympathie eingestellt. Und in der Tat hat der junge Bischof Michael Gerber viele sympathische Züge. Im Hintergrund natürlich immer die Frage: Gibt‘s was Neues? Klar, ein Bischof ist ein Bischof, weil er der Nachfolger seines Vorgängers ist. So will es die Theologie der Sukzession im Narrativ der Apostelnachfolge: "Gerne mache ich mir diesen Prozess und seine Anliegen zu eigen." Gemeint ist das von seinem Vorgänger angestoßene Projekt "Zusammen wachsen – Bistum Fulda 2030".

Lässt man die theologische Ornamentierung weg und legt den Kern der Sache frei, handelt es sich um dieselbe Flucht in die Strukturen, die wir auch in den anderen Bistümern beseufzen. Nichts Neues also – leider. Überall dieselbe Rezeptur, eine Reaktion, so schlicht wie hilflos. Das harte Faktum an der Basis: Es gibt immer weniger Priester. Und so wird die Größe der Pfarreien, die manchmal auch nicht mehr so heißen müssen, einfach angepasst. Je mehr die Zahl der Priester schrumpft, umso größer werden die "Seelsorgseinheiten". Da ist dann viel von "Netzwerken pastoraler Orte" die Rede und von der "Selbstorganisation der Christen", die nun alle Lust bekommen sollen, sich gegenseitig pastoral zu betreuen. Zu Ende gedacht, ist das die höchst unwahrscheinliche Koinzidenz von Schafen und Hirten.

Dabei weiß jeder, warum es so wenige Priester gibt. Wahrscheinlich ist die Anzahl der aus Zölibatsgründen aus dem Amt geschiedenen Priester und derer, die es erst gar nicht geworden sind, inzwischen größer als die der Verbliebenen. Es gelte, so Bischof Gerber, "die Gegenwart und das Handeln Gottes im Hören auf das Evangelium und im Deuten der Zeichen der Zeit zu erkennen". Dann tu es bitte, lieber Bischof! Papst Franziskus kann sich Viri probati am Amazonas vorstellen – verheiratet, so wie bei den Orthodoxen. Wir auch in Kassel, in der Rhön, in Hanau, in Deutschland und überhaupt.

Von Eckhard Nordhofen

Der Autor

Eckhard Nordhofen ist ein deutscher Theologe und Philosoph. Von 2001 bis 2010 war er Leiter des Dezernates Bildung und Kultur im Bistum Limburg. Bis 2014 lehrte er außerdem theologische Ästhetik und Bildtheorie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Hinweis

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