Auf deutschem Friedhof am Vatikan

Fall Orlandi: Experten öffnen Gräber – und erleben Überraschung

Veröffentlicht am 11.07.2019 um 14:56 Uhr – Lesedauer: 

Rom/Vatikanstadt ‐ Seit 36 Jahren wird die Vatikanbürgerin Emanuela Orlandi vermisst. Eine neue, vermeintlich heiße Spur führte auf den Campo Santo Teutonico – den deutschen Friedhof am Vatikan. Bei der Öffnung zweier Gräber erlebten Experten eine Überraschung.

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Das Rätselraten um das Verschwinden der Vatikanbürgerin Emanuela Orlandi vor 36 Jahren geht weiter. Grabungsarbeiten auf dem deutschen Friedhof im Vatikan, wo die Vermisste laut einem anonymen Hinweis bestattet worden sein sollte, verliefen negativ: Beide geöffneten Grabstellen waren überraschenderweise vollständig leer. "Weder wurden menschliche Überreste noch Urnen gefunden", teilte Vatikansprecher Alessandro Gisotti am Donnerstagmittag mit. Er kündigte zugleich Nachforschungen zu "strukturellen Veränderungen" auf dem Friedhof an.

Die Orlandis hatten aufgrund neuer Hinweise die Öffnung des Grabes von Sophie von Hohenlohe auf dem Campo Santo Teutonico im Vatikan beantragt. Die Anwältin der Familie, Laura Sgro, rief erneut zur Klärung des Falls auf: "Wer etwas weiß, soll sprechen. Helft uns, Emanuela zu finden", sagte sie laut italienischen Medien.

Bild: ©KNA/Alexander Brüggemann

Ein Plakat in Rom zeigt die 1983 verschwundene vatikanische Staatsbürgerin Emanuela Orlandi.

Emanuela Orlandi, Tochter eines Vatikanangestellten, war 1983 im Alter von 15 Jahren spurlos verschwunden; seitdem gibt es immer wieder Spekulationen zu ihrem Verbleib. Gemäß dem jüngsten Hinweis sollte Orlandi in einem Grab mit einer Engelsfigur auf dem Friedhof der deutsch- und flämischsprachigen Länder im Vatikan begraben sein.

Um Missverständnisse auszuschließen ließ der Vatikan am Vormittag neben der Ruhestätte der 1836 verstorbenen Sophie von Hohenlohe auch das benachbarte Grab von Herzogin Charlotte Friederike von Mecklenburg, ebenfalls mit Engelsfigur versehen, öffnen. Sie war die erste Frau des dänischen Königs Christian VIII. und wurde 1840 auf dem Campo Santo Teutonico bestattet. Auch in diesem Grab fanden sich laut Gisotti keinerlei menschliche Überreste.

Gisotti betonte, der Vatikan sei der Familie Orlandi stets nah gewesen. Bei der Öffnung der Gräber waren den Angaben zufolge der Kommandant der vatikanischen Gendarmerie, Vertreter der vatikanischen Justiz, sowie der Gerichtsmediziner Giovanni Arcudi anwesend. Zugegen waren ebenso Emanuelas Bruder Pietro Orlandi und die Rechtsanwältin der Familie, Laura Sgro. Die Orlandis hatten laut eigenen Angaben zudem Giorgio Portera als Gutachter bestellt. Der Genetiker und frühere Mitarbeiter des kriminaltechnischen Dienstes der Polizei hatte gemeinsam mit Arcudi bereits zuvor im Vatikan gefundene Knochen untersucht. Die bei Renovierungsarbeiten auf dem Gelände der vatikanischen Nuntiatur entdeckten Gebeine stammten jedoch von einem Mann. (tmg/KNA)