Kardinal Müller: Kirche unter Franziskus arbeitet an eigener Auflösung
Der ehemalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, hat der Kirche unter Papst Franziskus vorgeworfen, an ihrer eigenen Auflösung zu arbeiten. "Die Selbstsäkularisierung der Kirche nach dem Modell des liberalen Protestantismus ist nicht der erste Schritt ihrer Modernisierung, sondern der letzte vor ihrer Selbstabschaffung", schreibt er in seinem neuen Buch "Römische Begegnungen", das am Montag erscheint. In dem Buch äußert Müller an vielen Stellen scharfe Kritik und wirft dem Vatikan Machtklüngel und dem Kirchenoberhaupt Effekthascherei vor.
Der Kardinal warnt die Kirche vor einer Orientierung an "Zeitgeist" und "Mainstream". Eine "Reform der Kirche gibt es nur als Erneuerung in Christus", schreibt Müller. Es brauche "mehr Glaube und Zeugnis, weniger Politik, Intrigen und Machtspiele". Auch sei es falsch zu glauben, den "göttlichen Intellekt, der die Vernunft in Person ist", zur Räson bringen zu müssen.
"Ein guter Bischof eckt nicht an"?
In dem Band formuliert Müller imaginierte Dialoge zwischen fiktiven Personen und sich selbst in der dritten Person. So lässt er etwa einen "deutschen Bischof" argumentieren: "Nur wer bei den Medien ankommt, ist nahe bei den Menschen. Ein guter Bischof eckt nicht an, sondern schaut den Leuten aufs Maul und redet ihnen nach dem Mund." Daraufhin entgegnet "der römische Kardinal", die "Selbstsäkularisierung" der Kirche sei der letzte Schritt vor ihrer Abschaffung.
Auf die fiktive Frage eines Journalisten nach der Migration in Europa betont "der Kardinal", es gelte immer, Notleidenden zu helfen. Und fügt dann an: "Man kann nicht eine Masseneinwanderung von nichtbedürftigen Menschen in Europa fördern; nur um die christliche Kultur zu marginalisieren." Weiter warnt er, islamische Rechtsordnungen dürften nicht zur Grundlage des öffentlichen Rechts werden. Auch dürfe kein Christ gezwungen werden, eine Moschee zu besuchen.
Als fiktive weibliche Gesprächspartnerinnen nennt Müller neben einer afrikanischen Ordensfrau "eine Religionsphilosophin" mit fünf Kindern, die mit großer Mühe Familie und Karriere habe vereinbaren können, sowie die "erste Lehrstuhlinhaberin für feministische Anthropologie".
"Der Kardinal" kritisiert in dem Band auch das 2017 in Deutschland begangene Jubiläum zu 500 Jahre Reformation. Das Jahr 1517 könne kein "Grund zum Jubeln" sein. Dagegen sei das vor allem von evangelischer Seite als abwertend kritisierte Dokument der Glaubenskongregation "Dominus Jesus" die "Magna Charta gegen den christologischen und ekklesiologischen Relativismus der Postmoderne". (tmg/epd/KNA)