Standpunkt

Ursula von der Leyen hat eine Chance verdient

Veröffentlicht am 22.07.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das von vielen als undemokratisch kritisierte Personalgeschacher nach der Europawahl war ärgerlich, so Andrea Hoffmeier. Trotzdem plädiert sie dafür, der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Chance zu geben.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Seit vergangenem Dienstag hat die EU eine neue Kommissionspräsidentin. Nun sollte es nach den Personalquerelen und der sie begleitenden Presse wieder um Inhalte gehen. Schließlich gibt es viel zu tun: Die Flüchtlingsfrage, der Brexit, zunehmender Nationalismus und vieles mehr. Die EU hat die vergangenen Wochen selber für ihr schlechtes Image gesorgt, insbesondere der Europäische Rat muss dringend etwas mehr Fingerspitzengefühl lernen. Alle wissen aufgrund der geringen Wahlbeteiligung der vergangenen Jahre, dass die EU bei der Bevölkerung nicht die höchste Priorität hat. Nun wurde aufgrund der Erstarkung der nationalistischen Parteien erfolgreich zu einer höheren Wahlbeteiligung aufgerufen, um dann aber wieder in das übliche Personalgeschacher zu verfallen.

Das ist einfach ärgerlich, da es die Gefahr birgt, dass sich die Menschen wieder von der Politik und der EU abwenden. Das Verfahren ist eigentlich klar, der Europäische Rat unterbreitet dem Europäischen Parlament einen Personalvorschlag für den Kommissionsvorsitz. Dabei berücksichtigt er die politische Zusammensetzung des Parlaments nach den Europawahlen – das heißt, dass der oder die Kandidierende in der Regel der größten politischen Parlamentsfamilie angehört. Dieses Prozedere – und damit den Bürgerwillen – nicht ernst zu nehmen, ist in der derzeitigen gesellschaftlichen Lage dumm und hochgradig gefährlich.

Bezogen auf die jeweiligen Spitzenkandidaten, mit denen in den Wahlkampf gezogen wurde, bestehen eigentlich schon im Vorfeld Möglichkeiten, Personaloptionen abzustecken. Am Ende erwarte ich von allen demokratischen Parteien und Staatspersonen, dass man mit Kompromissen lebt und für das Gesamte zurücksteckt. Nachdem nun gewählt wurde, sollte nicht auf dem Rücken der Gewählten weiter nachgekartet bzw. sie gleich "totgeredet" werden. Es gebietet der Anstand, Ursula von der Leyen erst einmal eine Chance zu geben, sich in diesem Amt zu bewähren. Eine mediale Begleitung der inhaltlichen Themen und einer stärkeren Demokratisierung der EU sind hingegen willkommen.

Von Andrea Hoffmeier

Die Autorin

Andrea Hoffmeier ist Akademiedirektorin der Thomas-Morus-Akademie Bensberg.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.