Erster moderner Kirchenneubau in Russland seit Ende der Sowjetunion
Die russisch-orthodoxe Kirche hat den Plänen für den ersten Kirchenneubau in zeitgenössischem Stil seit dem Ende der Sowjetunion zugestimmt. "Ich möchte betonen, wie skeptisch Russland gegenüber modernen architektonischen Lösungen ist, insbesondere im Hinblick auf den Kirchenbau. Dass dieses Projekt genehmigt wurde, ist ein kleines Wunder", sagte der Chefarchitekt des Moskauer Stadtrats, Sergei Kusnezow, laut der französischen Tageszeitung "La Croix" (Mittwoch). Die seit den 1990er Jahren neu errichteten Gotteshäuser hatten sich ausschließlich an historischen Vorbildern orientiert.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts seien orthodoxe Kirchen in einer großen stilistischen Vielfalt entstanden, so "La Croix". Während im Zuge der Oktoberrevolution zweckentfremdete Kirchen noch während der Sowjetzeit nach und nach wieder bezogen werden konnten, blieben große Bauvorhaben aus. Nach der Auflösung der Sowjetunion setzte neben einem Wachstum der Gläubigenzahlen ein regelrechter Bauboom ein. Doch gestaltete man die 10.000 Neubauten stets in neo-klassizistischem oder neo-byzantinischem Stil.
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Die Pläne für die neue Kirche St. Ignatius von Antiochien im Westen Moskaus sehen mit Beton, Kunststoff und Glasfaser nicht nur ungewohnte Materialien vor. Man habe sich von der Kirche der Verklärung des Erlösers in Nowgorod aus dem 14. Jahrhundert und dessen schmucklosen, weißen Wänden inspirieren lassen, sagten die Architekten laut dem Zeitungsbericht. Die rechten Winkel hätten sie dann in große Bögen und geschwungene Formen übersetzt. Bemerkenswert ist, dass der Altar nur durch eine niedrige Ikonostase vom Hauptraum abgetrennt sein wird und die Gläubigen somit Einblick in den Altarraum erhalten. Dahinter befindet sich zudem eine wandhohe Glasfront, die den Ausblick auf das Tal erlaubt. Die geplante Kirche soll 500 Gläubige fassen.
Die russisch-orthodoxe Kirche hat das Projekt genehmigt, nun muss ein Gremium für kirchliche Kunst und Architektur über die Realisierung entscheiden. Die Religionswissenschaftlern Elena Volkova sieht diese skeptisch, "weil viele im konservativen Flügel des Klerus nicht mit dem Projekt einverstanden sind und es als ökumenistisch, pro-westlich, kurzgesagt als Ketzerei ansehen". Ob die erste modern gestaltete Kirche Russlands tatsächlich gebaut werden kann, ist also fraglich. (cst)