Bistum Osnabrück entwickelt Jugendkirche auf Rädern

Mit der "mobilen Kirche" auf das Metal-Festival

Veröffentlicht am 24.09.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wenn weniger Jugendliche in die Kirche kommen, dann muss die Kirche eben zu ihnen kommen. Diese Idee haben die Osnabrücker Pastoralreferentin Nathalie Jelen und ihre Kollegen jetzt umgesetzt. Mit Architekturstudenten entwickelten sie eine Kirche auf Rädern.

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Pascal Tomaschewski ist schon seit mehr als zehn Jahren als Fahrzeugbauer im Geschäft, aber so einen Auftrag hatte er noch nicht bekommen. "Es gab schon einen mobilen Friseursalon, ein Tierheim und ein Hundehotel auf Rädern – aber eine mobile Kirche, das ist was Neues", sagt der Vertriebsleiter der Frankfurter Firma "Berger Karosserie- und Fahrzeugbau" und in seiner Stimme kann man immer noch hören, wie überrascht er über das ungewöhnliche Projekt ist.

Zusammenarbeit mit Architektur-Studenten

Die Idee zur mobilen Kirche wurde ein ganzes Stück weiter im Norden Deutschlands geboren, im Bistum Osnabrück. Dort machte sich Pastoralreferentin Nathalie Jelen vom Diözesanjugendamt Gedanken über neue Formen kirchlicher Jugendarbeit. "Wir haben uns gefragt, wie wir als Kirche noch mehr junge Menschen erreichen können", sagt sie. In einem waren sich alle Beteiligten einig: Zu warten, bis fernstehende Jugendliche den Weg zur Kirche finden, das würde nicht funktionieren. Stattdessen müsse die Kirche dahin gehen, wo die jungen Leute sind: Auf Konzerte zum Beispiel oder Straßenfestivals. Damit war die Idee einer Kirche auf Rädern geboren.

Für die genaue Ausgestaltung eines solchen Fahrzeugs suchte sich das Bistum fachkundige Hilfe: Architekturstudenten der "Peter Behrens School of Arts" in Düsseldorf bekamen von ihren Dozenten den Auftrag, eine mobile Kirche zu designen. Insgesamt 13 Modelle entstanden, aus denen dann in Abstimmung mit dem Bistum der Entwurf geformt wurde, der jetzt tatsächlich gebaut wird.

Auch für die Studenten war die Arbeit an dem kirchlichen Projekt erstmal ungewöhnlich, verriet die 23-jährige Linda Trippler kürzlich gegenüber dem Osnabrücker "Kirchenboten": "Transparenz spiegelt vielleicht nicht unbedingt das wieder, was die Menschen gerade mit der Kirche verbinden", so die Studentin, aber es sei der Wunsch des Bistums, nach außen offener zu wirken. Die mobile Kirche könne ein erster Testläufer sein, ob das gelinge. Die Chancen schätzt Trippler als nicht schlecht ein: "Wenn die Leute entspannt sind und Zeit haben, wird das sicher gut angenommen."

Bild: ©PBSA, Projektteam Mobile Kirche, Jana Quinker, Franziska Rohrbach, Linda Trippler

Modell des Innenraums der "Mobilen Kirche" des Bistums Osnabrück.

Die mobile Kirche soll in den kommenden Wochen auf Basis eines Mercedes-Sprinter gebaut werden. Hinter die Fahrzeugkabine setzen Pascal Tomaschewski und seine Fahrzeugbauer-Kollegen einen großen rechteckigen Kasten, der die eigentliche Kirche bildet. An der Seite gibt es eine große Eingangstür. Für die Wände haben die Architekturstudenten eine Art Fachwerk aus Metall entworfen, dazwischen liegen milchig-transparente Platten in verschiedenen Farben, die das Innere auch von außen erahnen lassen. Sitzgelegenheiten gibt es innen, aber auch vor dem Wagen, der mit der so unterschiedliche Utensilien wie einem Whiteboard, Liederbüchern und einer Kaffeemaschine ausgerüstet ist.

Durch die transparenten Wände, sagt Pastoralreferentin Jelen, soll auch die Offenheit der Kirche für Jugendliche symbolisiert werden. Zudem war ihr wichtig, dass die mobile Kirche so gestaltet ist, dass sie auch ästhetisch anspricht und zu einem entspannten Besuch einlädt. "Junge Leute stehen in Schule und Studium unter einem starken Leistungsdruck. Bei uns sollen sie sich entspannen und erfahren können, dass es ausreicht, einfach dazu sein", erklärt sie. Ist die Kirche unterwegs, wird immer ein Ansprechpartner dabei ein, mit dem die Gäste darüber sprechen können, was sie gerade beschäftigt.

Ein Altar ist in dem Mobil allerdings nicht vorgesehen, für liturgische Feiern ist es weniger geeignet. "Vielleicht wird es mal einen Mittagsimpuls geben, aber wohl eher keinen Gottesdienst", meint Nathalie Jelen. Sie versteht die "mobile Kirche" weniger als ein rollendes Gotteshaus, sondern vielmehr die Möglichkeit, ein grundsätzliches Interesse an Kirche zu wecken.

Fahrzeugbauer Tomaschewsky schätzt, dass er mindestens vier bis fünf Wochen an der mobilen Kirche zu arbeiten hat. Anschließend wollen dann Linda Trippler und ihre Studienkolleginnen die Inneneinrichtung einbauen. Läuft alles nach Plan, ist die mobile Kirche im kommenden Jahr einsatzbereit. Nathalie Jelen macht schon jetzt fleißig Werbung dafür – und hat auch einige Rückmeldungen von Ehren- und Hauptamtlichen bekommen, die das Kirchenmobil zu unterschiedlichen Anlässen mitnehmen wollen.

Auf Festivals, Stadtfesten und dem Weihnachtsmarkt

So ist beispielsweise ein Einsatz bei "Hütte rockt", einem Rock-Metal-Festival in Georgsmarienhütte südlich von Osnabrück im kommenden Sommer angedacht; auch bei Stadtfesten und Weihnachtsmärkten könnte es präsent sein. Vielleicht schauen dann ja auch mal Fahrzeugbauer Pascal Tomaschewski oder Studentin Linda Trippler vorbei, die nach allen den Planungen schon ganz gespannt ist auf das Ergebnis: "Wir freuen uns schon auf den Tag, an dem wir in der fertigen Mobilen Kirche stehen können."

Von Gabriele Höfling

Hinweis

Noch wird nach einen Namen für die mobile Kirche gesucht. Wer Ideen hat, kann sich bei Nathalie Jelen, unter n.jelen@bistum-os.de melden. Auf der Internetseite betterplace.org kann das Projekt zudem bewertet und auch finanziell unterstützt werden.