"Wir wollen wissen, was wir verändern müssen"

Bistum Essen kündigt eigene Missbrauchsstudie an

Veröffentlicht am 11.09.2019 um 15:47 Uhr – Lesedauer: 

Essen ‐ Im Herbst 2018 hatten die deutschen Bischöfe ihre Missbrauchsstudie vorgestellt. Doch dem Bistum Essen reicht das nicht: In einer eigenen Studie soll explizit die Situation im Ruhrbistum untersucht werden. Generalvikar Klaus Pfeffer nennt Details.

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Das Bistum Essen will den sexuellen Missbrauch in der Kirche mit einer eigenen Studie wissenschaftlich untersuchen lassen. Das kündigte Generalvikar Klaus Pfeffer im neuen Bistumsmagazin "Bene" an. Ein Institut mit entsprechender Expertise solle herausfinden, was in der Vergangenheit im Ruhrbistum dazu beigetragen habe, sexuellen Missbrauch durch Priester und andere Mitarbeitende zu ermöglichen. Auch gehe es um die Frage, warum Verbrechen nicht aufgedeckt, sondern verharmlost oder nicht wahrgenommen worden seien.

"Veränderungen vorantreiben"

Laut Pfeffer sollen die Wissenschaftler zudem klären, wie es geschehen konnte, dass Täter geschützt und stillschweigend versetzt wurden. Ein Ziel der Studie sei auch, den Betroffenen von sexualisierter Gewalt mehr Gehör und Aufmerksamkeit zu schenken. "Wir wollen wissen, was wir verändern müssen - und dann auch Veränderungen vorantreiben", sagte der Generalvikar.

Im Rahmen der von den deutschen Bischöfen im vergangenen Jahr vorgestellten Studie zum sexuellen Missbrauch (MHG-Studie) wurden in den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Das Bistum Essen berichtete von 85 Opfern und 60 beschuldigten Klerikern seit seiner Gründung 1958.

Die Referentin im Stabsbereich Strategie und Entwicklung beim Bistum Essen, Andrea Qualbrink, erklärte, dass der Zölibat "bestimmten Priestern die falsch verstandene Möglichkeit bietet, sich mit der eigenen sexuellen Identitätsbildung nicht ausreichend auseinandersetzen zu müssen". Irgendwann könne sich dann laut der MHG-Studie die Sexualität als sexueller Missbrauch Bahn brechen. Die Tatsache, dass nur Männer in der katholischen Kirche zum Priesteramt zugelassen seien, habe das Vertuschen von Taten befördern können. "Darum ist es wichtig, solche männerbündischen Strukturen und Kulturen aufzubrechen", so Qualbrink.

Auch in anderen deutschen Diözesen gab oder gibt es ergänzende Untersuchungen zur MHG-Studie. Das Bistum Würzburg etwa ließ alte Personalakten von Seelsorgern für den Zeitraum von 1946 bis 1999 durch eine externe Anwaltskanzlei prüfen, wobei sich in 47 Fällen Hinweise auf sexuelle Übergriffe ergeben hatten. Das Bistum Münster kündigte im Juni ebenfalls eine eigene Missbrauchsstudie an. (tmg/KNA)