Ratzinger-Schüler: Glaubenszeugnis wichtiger als Strukturreform
Bei einem Symposium in Rom hat sich der Schülerkreises Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. für eine spirituelle Erneuerung ausgesprochen. Diese könne aber nur auf der Grundlage von Heiliger Schrift und kirchlicher Tradition gelingen, heißt es in einer Botschaft, die am Samstag am Ende der Veranstaltung verlesen wurde: "In Zeiten der Krise und der schmerzhaften Reinigung der Kirche sind es nicht in erster Linie Strukturreformen, die Heilung und Hilfe bringen, sondern das authentisch gelebte Glaubenszeugnis", so ein Auszug aus dem Schreiben.
Kritik an Strukturreformen
Erstmals hatten die Ratzinger-Schüler ihr jährliches Treffen für Außenstehende geöffnet. Es stand unter dem Motto "aktuelle Herausforderungen des kirchlichen Weiheamtes". Auch angesichts des Skandals sexualisierter Gewalt durch Priester wollen man sich der derzeitigen "Krise des geweihten Amtes stellen", so Kurienkardinal Kurt Koch in seiner Begrüßung.
Kritisiert wurde von mehreren Referenten eine Konzentration auf Strukturreformen gerade im deutschsprachigen Raum, die darauf hinauslaufen könnten, "das Weiheamt neu zu erfinden". Für die katholische Kirche blieben der sakramentale Charakter des Weiheamtes von Bischof, Priester und Diakon und die Beziehung zur Eucharistie konstitutiv, betonte etwa der frühere Bonner Dogmatikprofessor Karl-Heinz Menke.
Die deutschen Bischöfe hatten sich bei ihrer Herbstvollversammlung in der vergangenen Woche mehrheitlich dazu entschieden, Reformen in einem sogenannten "synodalen Weg" anzugehen, der auch strukturelle Fragen aufwirft. Ab Dezember soll in vier Gesprächsforen über die Themen Zölibat, Sexualmoral, Frauen und Macht in der Kirche gesprochen werden.
Eine "Kirche ohne Priester ist dem Willen Jesu Christi nach nicht möglich", sagte der Trierer Kirchenrechtler Christoph Ohly beim Treffen des Schülerkreises. Dabei gelte es, der Theologie Ratzingers entsprechend zwei Extreme zu vermeiden: zum einen die pragmatische, funktionalistische Auffassung, Priester-Sein als "einen Job aufzufassen". Zum anderen dürfe man nicht in das alte, heidnische Verständnis verfallen, wonach der Priester aus sich heraus wirke und die Verbindung zu Gott regle.
Marianne Schlosser argumentiert für Zölibat
Die Wiener Theologin Marianne Schlosser brach in ihrem Beitrag eine Lanze für den Zölibat. Debatten um die Pflicht zu lebenslanger Ehelosigkeit habe es auch im 14. und 19. Jahrhundert gegeben. Würde die lateinische Kirche die Entscheidung zur Ehelosigkeit freistellen, würde der Zölibat des Priesters zu dessen Privatsache und verliere als Charisma seine zugleich öffentliche Bedeutung. Das Priestertum, so Schlosser, würde "weiter verbürgerlichen und funktionalisiert werden". Schlosser war beim deutschen "synodalen Weg" zunächst als Mitglied des Frauen-Forums vorgesehen, hatte jedoch kürzlich erklärt, dafür nicht weiter zur Verfügung zu stehen. Sie könne sich inhaltlich nicht mehr mit den Diskussionen identifizieren.
Der frühere Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller warnte, bei der Auswahl guter Priesterkandidaten müsse ein Bischof theologische Kriterien anwenden. Es sei falsch, sich dabei vor allem auf psychologische und soziologische Entscheidungen zu stützen, die ihre Wurzeln in atheistischen Philosophien hätten. Es brauche "psychisch gesunde, tugendhafte Männer, die für den Glauben Zeugnis ablegen". (gho/KNA)