Seewald: Ohne Mut wird "synodaler Weg" zum Desaster
Der Münsteraner Dogmatiker Michael Seewald hat die Bischöfe beim "synodalen Weg" zu größerem Mut aufgefordert. Wenn sie sich von einer "lauten kleinen Minderheit in ihren Reihen" einschüchtern ließen, "endet dieser Weg im Desaster", sagte der Theologe dem Magazin "Publik-Forum" (Freitag). Die Kirche müsse den "lehramtlichen Fundamentalismus" hinter sich lassen.
Durch den von Vorbehalten geprägten Brief des Kurienkardinals Marc Ouellet zum "synodalen Weg" versuche der Vatikan, "diesen Weg nach Spielregeln zu gestalten, die Teil des Problems sind, nicht Teil der Lösung". Er attestierte der derzeitigen Debatte einen "theologisch kleinkarierten Rahmen". Es reiche nicht, "dogmatische Placebos" zu verteilen, die über mehrere Jahrzehnte "das amtskirchliche Allheilmittel" gewesen seien.
Glaube in einer freien Welt
In einer freien Gesellschaft müsse die Kirche mit Demut und guten Argumenten für ihren Glauben werben. "Das wird ihr nicht gelingen, wenn sie auf dauernden Kollisionskurs mit dem Selbstverständnis der meisten Zeitgenossen geht." Sie solle sich nicht dem "Zeitgeist" anbiedern, doch Christen müssten sich zeitgenössischen Entwicklungen zur glaubwürdigen Vermittlung des Evangeliums stellen. Er habe aber den Eindruck, dass es bei der Verteidigung mancher lehramtlicher Positionen "nicht um Theologie, sondern um den Willen zur Macht" gehe, so Seewald.
Die gesamte Kirche müsse akzeptieren, dass sie als "ständisch organisierte Amtsoligarchie" keine Zukunft habe. Es habe seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zwar große Veränderungen in Theologie und Glaubenspraxis gegeben, die "lehrrechtliche Architektur mit ihrer Autoritätsfixierung" sei aber erhalten geblieben. (cph)