Kardinal Marx: Lockerung des Zölibats ist derzeit Thema in Rom
Laut dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, wird bei der derzeit in Rom stattfindenden Amazonas-Synode die mögliche Lockerung des Zölibats diskutiert. "Mehr als ich erwartet habe", sagte Marx am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Dabei gehe es nicht um eine Abschaffung des Zölibats, sondern darum, ob es in Einzelfällen auch weitere Zulassungsbedingungen geben könne. Viele Bischöfe aus Südamerika seien der Ansicht, es könne nicht hingenommen werden, dass Messen in bestimmten Regionen nicht einmal in der Woche stattfinden könnten, weil es nicht ausreichend Priester gebe. Marx sprach sich zudem erneut für eine stärkere Beteiligung von Frauen in der katholischen Kirche aus. Sie sei "notwendig und überfällig". Mit "großer Wucht und Eindringlichkeit" hätten das bei der Synode auch Länder in Südamerika gefordert, so der Kardinal. "Auch das Diakonat der Frau." Er könne nicht erkennen, dass solche Stimmen nur aus Deutschland kämen.
Mit Blick auf Entschädigungszahlungen für Missbrauchsopfer hofft Marx auf eine Entscheidung "in den nächsten Monaten". Die Summe, die Opfer erwarten könnten, werde höher sein. Es sei aber "völlig abwegig, jetzt schon über Summen zu spekulieren". Nach der bisherigen Regelung der "Anerkennung zugefügten Leids" erhalten Betroffene Pauschalzahlungen von rund 5.000 Euro, in Einzelfällen auch mehr. Bislang wurden nach Angaben der Bischofskonferenz rund 9,7 Millionen Euro bewilligt.
Eine Woche nach der Bluttat von Halle bekräftigte Marx erneut sein Mitgefühl mit den Opfern und seine Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft. Die Morde von Halle hätten ihn "zutiefst erschüttert", sagte der Kardinal. Er denke auch an die 50 Menschen, die in der Synagoge gewesen seien. "Wir müssen alles tun, dass alle Tendenzen hin zu Hass und Antisemitismus überwunden werden", betonte Marx. Die Botschaft der Kirche müsse klar sein: "Wir lassen uns nie mehr trennen von unseren jüdischen Brüdern und Schwestern." Der DBK-Vorsitzende beklagte ein Anwachsen des Rechtspopulismus in viele Ländern. Dabei würden auch die Grenzen zum Rechtsradikalismus "schwammig". Dies gelte besonders für die Verrohung der Sprache. Das sei "außerordentlich beunruhigend".
Kirche wird sich nicht mit eigenem Schiff an Seenotrettung beteiligen
Mit Blick auf den Syrienkonflikt sprach Marx von einem "klaren Bruch des Völkerrechts". Er beklagte die Vertreibung unzähliger Menschen, darunter auch Christen, und kritisierte die Waffenexporte. Zur Seenotrettung sagte er, die Grenze des Mittelmeeres dürfe "keine Grenze des Todes" sein. Nötig sei ein faires Verfahren. Es dürfe niemand in eine Situation von Krieg und Gewalt zurückgeschickt werden. Zugleich müssten die Fluchtursachen angegangen werden. Anders als die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wolle sich die katholische Kirche aber nicht mit einem eigenen Schiff an der Seenotrettung von Migranten auf dem Mittelmeer beteiligen.
Zudem rief der Kardinal zu einer Umsetzung der "ehrgeizigen Ziele" der Pariser Klimakonferenz 2015 auf. Es gehe um das Überleben, so Marx. Das von der Bundesregierung teilweise schon auf den Weg gebrachte Klimapaket "scheint mir noch nicht ausreichend", meinte der Kardinal. Es werde suggeriert, mit ein paar Maßnahmen sei der Klimawandel zu stoppen. "Da müssen wir globaler denken." Er erinnerte an die Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus, die dieser bewusst vor der Klimakonferenz in Paris 2015 veröffentlicht habe.
Die Organspende muss nach den Worten des DBK-Vorsitzenden auch künftig ein freier Akt der Nächstenliebe bleiben. Die Freiheit und Würde des Einzelnen und seine Entscheidung seien die "absolute Grenze" auch gegenüber Ansprüchen des Gemeinwohls, sagte Marx. "Der Körper ist nicht ein Ersatzteillager, sondern hat seine eigene Würde", so der Kardinal vor der Bundespressekonferenz. Angesichts niedriger Spenderzahlen will der Gesetzgeber die Organspende wohl noch in diesem Jahr neu regeln. Marx wandte sich mit seinen Ausführungen gegen die sogenannte Widerspruchslösung. Sie sieht vor, dass jeder als Organspender gilt, sofern er dem nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hat. (tmg/KNA)