Vorgaben für Liturgie dürften nicht aus Rom kommen

Haunerland: Zu früh für eigenen Amazonas-Ritus

Veröffentlicht am 24.10.2019 um 11:37 Uhr – Lesedauer: 
Haunerland: Zu früh für eigenen Amazonas-Ritus
Bild: © privat

Köln ‐ Mit dem Vorschlag eines eigenen Ritus für die Amazonas-Region hat Kurienerzbischof Rino Fisichella für Aufsehen gesorgt. Der Münchner Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland sagt, warum er das (derzeit) für wenig sinnvoll hält.

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Der Münchner Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland hält die Einrichtung eines eigenen amazonisch-katholischen Ritus momentan für wenig sinnvoll. Im Gegensatz zu den mit Rom unierten Ostkirchen gebe es am Amazonas keine getrennte Kirche mit eigener Tradition, schreibt er in einem Gastbeitrag auf Domradio.de am Mittwoch. Obwohl ein eigener Ritus am Amazonas denkbar sei, ständen dem viele Hürden im Weg.

Ein solcher Ritus könne nicht "einfach in Rom konzipiert und errichtet" werden, sondern es "bedürfte in vielen Bereichen des kirchlichen Lebens einer eigenständigen Aufbauarbeit und Entwicklung vor Ort", so Haunerland. Der Liturgiewissenschaftler hält es für realistischer, den römischen Ritus und die örtliche Kultur besser aufeinander abzustimmen. Riten, Symbole und Festelemente der Indigenen müssten vor ihrer Integration in die Liturgie jedoch überprüft werden. Daraus könnten sich Perspektiven ergeben.

Ein Vorbild in Afrika

Als Beispiel für eine Inkulturation nennt Haunerland die Bemühungen der Diözesen des heutigen Kongo Ende der 1960er Jahre. Nach knapp 20-jähriger Arbeit sei dort kein eigener Ritus entstanden, sondern "situative Weiterentwicklung der Liturgie der römisch-katholischen Kirche". Denn trotz "aller Innovationen und partiellen Brüche entstehen liturgische Ordnungen immer auf der Basis älterer gottesdienstlicher Praxis".

Ähnlich könne im Zusammenspiel zwischen der Kultur des Amazonas und der katholischen Liturgie etwas Neues entstehen, das "seine Wurzeln in der größeren Gemeinschaft der römisch-katholischen Kirche nicht verleugnet". Wie weit dann eine größere Eigenständigkeit entstehe, könne und müsse heute noch nicht entschieden werden.

Kurienerzbischof Rino Fisichella hatte am Wochenende vorgeschlagen, zur besseren Inkulturation des Christentums in der Amazonas-Region über einen eigenen Ritus nachzudenken. Ein solcher Ritus könne wie bei den mit Rom unierten Ostkirchen eine "Kirche mit amazonischem Antlitz sichtbar und spürbar machen". Ein Amazonas-Ritus betreffe dabei nicht nur die Form der Eucharistiefeier, sondern könne auch ein eigenes Kirchenrecht enthalten, in dem etwa verheiratete Priester oder Diakoninnen vorkommen könnten. (cph)