Kardinal kritisiert Theologen Zulehner

Schönborn: Zölibat bleibt – parallel dazu verheiratete Priester

Veröffentlicht am 04.11.2019 um 10:45 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Die Grundform des priesterlichen Dienstes bleibe die ehelose Lebensform, aber...: Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn spricht über die Zukunft des Zölibats. Außerdem kritisiert er den Theologen Paul Zulehner – und äußert sich zu seinem Rücktritt.

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Nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn wird die Grundform des priesterlichen Dienstes in der katholischen Kirche die ehelose Lebensform bleiben. Wie der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz in der ORF-Sendung ZIB 2 am Sonntag zur Amazonas-Synode erklärte, halte er parallel dazu verheiratete Priester für sinnvoll und wünschenswert, der Weg der ehelosen Nachfolge Jesu bleibe jedoch der Normalfall. Die Synodalen hatten sich bei ihrer Zusammenkunft in Rom für die Weihe bewährter verheirateter Männer zu Priestern ausgesprochen - als Ausnahme in der pastoral unterversorgten Region Amazonien. Er selbst habe für diesen Vorschlag im Schlussdokument votiert, berichtete Schönborn.

Kritik an Zulehner

Der Kardinal wandte sich gegen einen verkürzten Blick auf die Synode, deren zentrale Botschaft die Bedrohung einer für das globale Klima entscheidenden Weltgegend gewesen sei. Dieses Problem sei "viel ernster" als die Frage der priesterlichen Lebensform. Schönborn kritisierte in diesem Zusammenhang auch den Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner, der in einem Beitrag Amazonien mit dem ebenfalls seelsorglich unterversorgten Waldviertel verglich. Das sei "an den Haaren herbeigezogen", so Schönborn. Amazonien umfasse ein Gebiet, das so groß wie Europa bis zum russischen Ural sei.

Der Wiener Erzbischof äußerte sich zudem skeptisch, ob der Priesterzölibat Missbrauchsfälle in der Kirche begünstigt habe. Der weitaus größte Teil an Übergriffen geschehe im familiären Umfeld - durch Täter, die verheiratet seien. Zudem seien die kirchlichen Missbrauchsfälle in den letzten Jahren, seit viel strengere Maßstäbe bei der Ausbildung und beim Umgang mit Missbrauch angelegt würden, stark zurückgegangen. Nicht der Zölibat begünstige Missbrauch, sondern eine Lebenseinstellung, die von der getroffenen Entscheidung für den priesterlichen Dienst abweiche, sagte der Kardinal. Niemand werde zur Ehelosigkeit gezwungen, auch er selbst habe sich frei dafür entschieden, fügte Schönborn hinzu.

Schönborn bestätigte außerdem, er habe Papst Franziskus um Entbindung von seiner Aufgabe als Wiener Erzbischof ersucht. Am 22. Januar wird der Kardinal 75 Jahre, mit diesem Alter müssen Diözesanbischöfe laut Kirchenrecht ihren Rücktritt anbieten. Ob der Papst sein Gesuch zeitnah annehmen wird, wisse er allerdings nicht. Schönborn hatte im März bekanntgegeben, an Krebs erkrankt zu sein. Im Mai teilte das Erzbistum Wien mit, dass der Kardinal eine Prostata-Operation gut überstanden habe und auf dem Weg der Besserung sei. Der Dominikaner Schönborn kündigte zudem an, nach seiner Emeritierung als Erzbischof von Wien möglicherweise wieder zurück ins Kloster zu gehen. (tmg/KNA)