"Fordernder und außerordentlich anspruchsvoller Aufbruch"

Protestanten wollen "synodalen Weg" im Gebet begleiten

Veröffentlicht am 09.11.2019 um 11:54 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Auch die evangelische Kirche blickt gespannt auf den "synodalen Weg" der katholischen Kirche in Deutschland. Man werde den Reformprozess "mit unseren Fürbitten aufmerksam verfolgen", heißt es. Respekt gibt es auch für andere Aufbrüche.

  • Teilen:

Der geplante "synodale Weg" der katholischen Kirche in Deutschland wird auch von den Protestanten mit Aufmerksamkeit wahrgenommen. "Wir Evangelischen werden diesen Weg mit großem Respekt und mit unseren Fürbitten aufmerksam verfolgen und begleiten", sagte der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Karl-Hinrich Manzke, am Samstag in Dresden in seinem traditionellen Bericht vor den protestantischen Kirchenparlamenten. "Aus evangelischer Sicht wird man mit großem Respekt sagen dürfen, dass dieser 'synodale Weg' in jeder Hinsicht ein fordernder und außerordentlich anspruchsvoller Aufbruch ist."

Gleichzeitig dämpfte Manzke die Erwartungen an den Reformprozess. Man werde keine umwälzenden Entscheidungen wie etwa die Aufhebung des Zölibats oder die Weihe von Frauen erwarten dürfen, sagte er. In den Diskussionen um den "synodalen Weg" werde eine Spannung deutlich, die auch anderen Stellen in der katholischen Kirche spürbar sei. In Fragen von weltkirchlichem Belang wie etwa dem Zölibat und der Priesterweihe seien Entscheidungen nicht ohne Rom möglich. "Allerdings können aus Deutschland Anregungen kommen, die auch Einfluss auf die Diskussionen in der Weltkirche haben", so Manzke.

Thema: Der "synodale Weg" der Kirche in Deutschland

Wie geht es nach dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland weiter? Bei der Frühjahrs-Vollversammlung 2019 in Lingen beschlossen die deutschen Bischöfe einen "synodalen Weg". Gemeinsam mit allen Gläubigen wollen sie Reformen anstoßen. Die Themen: Machtmissbrauch, Sexualmoral, Zölibat und die Rolle der Frau.

Nach einer Vorbereitungsphase soll der "synodale Weg" am ersten Advent dieses Jahres offiziell beginnen. Am gestrigen Freitag wurde das Logo des Reformprozesses offiziell vorgestellt. In einem am Dienstag bekannt gewordenen Brief von zehn Generalvikaren deutscher Diözesen haben diese grundlegende Reformen der Kirche gefordert. "Wir halten das damit verknüpfte Anliegen einer grundlegenden Reform der Kirche in Deutschland für dringend notwendig, ja für essentiell", schreiben die Bischofsvertreter in dem Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Reinhard Marx, und den ZdK-Präsidenten Thomas Sternberg.

Beeindruckt zeigte sich Manzke von "ökumenische Aufbrüchen" in der katholischen und ökumenischen Jugendpastoral. Als Beispiele nannte er eine ökumenische Initiative junger Menschen aus dem Geist des gemeinsamen Reformationsgedenkens in Sachsen-Anhalt, die ökumenische Pilgerreise "Mit Luther zum Papst" sowie neuere geistliche Bewegungen in der katholischen Jugendpastoral wie die Initiative "Nightfever", die zum Weltjugendtag in Köln 2006 ins Leben gerufen wurde und inzwischen weltweit verbreitet ist. Trotz struktureller Schwierigkeiten wie dem Priestermangel gelinge es im Katholizismus in Deutschland an diesen Stellen, junge Menschen zu begeistern und sie in der Kirche neue geistliche Aufbrüche wagen zu lassen, befand Manzke.

Neue Formate kein "Widerspruch zu traditionellen Elementen"

Das gelinge dort, wo jungen Menschen der Freiraum zur Entwicklung neuer Formate gegeben werde, fügte er hinzu. "Es gelingt aber offenbar auch deswegen, weil diese Formate nicht als Widerspruch zu traditionellen Elementen der kirchlichen Frömmigkeit empfunden werden. Neue Aufbrüche und fest verwurzelte Kirchlichkeit werden hier nicht als Spannung wahrgenommen." Das sei bemerkenswert.

Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad berichtete über die Catholica-Arbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). Der Kontaktgesprächskreis des Rates der EKD und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz habe eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis zum Ökumenischen Kirchentag 2021 grundlegende Perspektiven zur Zukunft der Ökumene in Deutschland entwickeln und beschreiben solle, welche Freiräume ökumenischer Praxis sich daraus ergäben. "Übereinstimmend wird festgehalten: Die Einheit der Kirche soll im Sinne eines dynamischen Prozesses entwickelt und lebenspraktisch realisiert werden", sagte Schad.

Im Gespräch zwischen GEKE und dem Päpstlichen Einheitsrat habe sich in diesem Zusammenhang der Begriff der "Gemeinschaft" herausgebildet; es werde gefragt, ob eine evangelisch-katholische Kirchengemeinschaft vorstellbar sei. Mit der wechselseitigen Teilnahme am Abendmahl, wie sie vom Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen in seinem jüngsten Votum vorgeschlagen werde, wäre dann nach Einschätzung Schads "ein zentrales Element der Kirchengemeinschaft erreicht". (mal/KNA/epd)

9. November 2019, 12.37 Uhr: Meldung um Absatz 2 ergänzt.