Konzil von Trient: Theologische Richtschnur über Jahrhunderte
Beim Streit um die Piusbruderschaft war die "Tridentinische Messe" vor einigen Jahren wieder mal in der Diskussion - als etwas Verzopftes, Gestriges. Der Priester zelebriert mit dem Rücken zur Gemeinde: ein "Hokuspokus", wie lateinunkundige Gläubige die Wandlungsworte des Priesters ("hoc est enim corpus meum", "dies ist mein Leib") bisweilen missverstanden. Dabei war dieser Messritus, festgelegt im Zuge des Konzils von Trient (1545-1563), über vier Jahrhunderte die Norm für die römisch-katholische Kirche. Vor 475 Jahren, am 19. November 1544, berief Papst Paul III. mit der Bulle "Laetare Jerusalem" (Freu dich, Jerusalem) das Konzil ins heute norditalienische Trento ein.
Mit dem sogenannten Tridentinum leitete die katholische Kirche nach der Reformation ihrerseits eine grundlegende Erneuerung ein. Für eine Überwindung der Kirchenspaltung, die sich seit 1517 durch zahlreiche gegenseitige Verwundungen zementiert hatte, kam es freilich zu spät – beziehungsweise es lief zu schlecht. Denn die politische Geschichte des Konzils, mit einem Zeitraum von 18 Jahren eines der längsten überhaupt, ist wenig rühmlich.
Kein "papstfreies Konzil"
Seit Jahrzehnten war es immer wieder dringend gefordert, doch vor allem von Papst Clemens VII. (1523-1534) aufgeschoben worden, der den Konziliarismus wie der Teufel das Weihwasser fürchtete. Tagungsort wurde schließlich Trient: jenseits der Alpen, aber zum Reich gehörig. Ein "papstfreies Konzil", wie es die Protestanten für eine Teilnahme ihrerseits gefordert hatten, gab es nicht – im Gegenteil: Paul III. (1534-1549) stellte die Versammlung ausdrücklich unter seine Leitung.
Lächerlich wenige 31 Bischöfe, ausschließlich spanisch-kaiserliche und päpstliche aus Italien, gegenseitig sich beargwöhnend, waren 1545 zur Eröffnung anwesend. Die Teilnahme deutscher, direkt von der Reformation betroffener Konzilsväter in der zweiten Sitzungsperiode 1551/52 blieb nur eine Episode. Sie reisten ab, weil ihre Forderungen komplett durchfielen. Spannungen und Konflikte prägten das Konzil während seiner gesamten Dauer. Am Ende war es wohl nur dem Verhandlungsgeschick des letzten Konzilspräsidenten Giovanni Morone zu verdanken, dass die Versammlung zu einem guten Ende kam.
Das ursprüngliche Ziel, eine Verständigung mit den Protestanten, geriet sehr bald in unerreichbare Ferne. Das Konzil konzentrierte sich darauf, theologische Antworten auf die protestantische Herausforderung zu geben und die katholischen Lehren festzuzurren. Die behandelten Themen hatten insofern die Protestanten gesetzt, etwa wenn – in Abgrenzung zur evangelischen "sola scriptura" – Schrift und Tradition als zwei Quellen der Offenbarung genannt wurden.
Auch wenn der Umfang der Reformen begrenzt war, gab das Konzil dem Katholizismus über 300 Jahre sein Gepräge. Vieles wurde freilich erst nach vielen Jahrzehnten wirksam, so das dort formulierte Bischofsideal oder die Hebung des Bildungsniveaus bei Klerikern. Der Zölibat wurde neu eingeschärft, Pfarrer wie Bischöfe und Kardinäle zum Wohnen vor Ort verpflichtet.
Klare Normen für Theologie und Glaubensverkündigung
Theologisch ging es etwa um Heiligen- und Reliquienverehrung, Ablass, Fegefeuer oder um das Verständnis von Rechtfertigung, Gnade und Kirche. Die Siebenzahl der Sakramente – Taufe, Firmung, Buße, Eucharistie, Ehe, Priesterweihe und Krankensalbung – wurde festgelegt, die Führung ordentlicher Ehestandsregister vorgeschrieben. Für eine Reform brauchte die Kirche auch neue Methoden der Verkündigung und Mission. Der 1534 gegründete Jesuitenorden erwies sich dafür als ein modernes Instrument.
Nicht alles wurde nach der Krise des Konzils 1562/63 am Ende fertig. Papst Pius V. veröffentlichte im Auftrag des Konzils den "Index der verbotenen Bücher", 1564 das sogenannte Tridentinische Glaubensbekenntnis mit Gehorsamsversprechen gegenüber dem Papst; 1566 den Römischen Katechismus, 1568 das Priesterbrevier und 1570 das Römische Messbuch. Der wichtigste Erforscher des Tridentinums, Hubert Jedin (1900-1980), sah in dem Konzil den Antriebsimpuls zu einer inneren Erneuerung der Kirche: "Es gab der Theologie wie der Glaubensverkündigung klare Normen, es grenzte lehramtlich ab, aber es trennte nicht, wo nicht schon die Trennung war." Dabei habe es nicht einfach das Mittelalter restauriert; "es modernisierte Verfassung und Seelsorge".