Missbrauch: Jesuit Zollner nimmt Benedikt XVI. in Schutz
Der Jesuit und Kinderschutzexperte Hans Zollner hat den emeritierten Papst Benedikt XVI. vor Vorwürfen in Schutz genommen, er hätte angesichts von Missbrauchsfällen zu wenig getan. Benedikt habe die Frage des Missbrauchs und die Verurteilung der Täter "überhaupt als erster konsequent angegangen", sagte Zollner der Mittelbayrischen Zeitung am Donnerstag. In manchen Filmen werde er einseitig dargestellt.
Zollner bezog sich unter anderem auf die Kinodokumentation "Verteidiger des Glaubens", in dem Benedikt Versäumnisse vorgeworfen werden. Dagegen befindet Zollner, als Präfekt der Glaubenskongregation habe Ratzinger Papst Johannes Paul II. sogar "davon überzeugt, die Aufklärung dieser Fälle an der Glaubenskongregation und nicht in den Ortskirchen anzusiedeln". Zudem habe er eine kirchenrechtliche Grundlage für die Entlassung von Priestern gelegt. "Ich sehe nicht, dass Benedikt dieses Thema vernachlässigt hätte."
Verständnis für Austritte
Zollner zeigte Verständnis dafür, dass Gläubige die Kirche wegen der mangelnden Aufarbeitung der Missbrauchsfälle verlassen. Die Kirche müsse umsetzen, was sie seit zehn Jahren sage. "Durch fehlende Klarheit und Konsistenz in den Handlungen von Bischöfen und Priestern fühlten sich viele Menschen enttäuscht", hält er fest. Zusätzlich müssten neue Anschuldigungen mit aller Konsequenz aufgeklärt und den Betroffenen geholfen werden. Bei Klerikern wie Laien treffe er auf Befürchtungen, dass diese Aufarbeitung der Kirche schade. "Aber Jesus war sehr klar, indem er sagte, die Wahrheit wird uns freimachen."
Zollner gilt als einer der führenden Fachleute für Kinderschutz und Kindesmissbrauch in der Kirche. Er leitet das römische "Centre for Child Protection" (CCP) an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Zudem ist er Mitglied der 2014 eingerichteten Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen und seit diesem Jahr Ansprechpartner für Missbrauchsbetroffene im Vatikanstaat. (cph)