Entschuldigung bei betroffener Pfarrei in Bochum

Ruhrbistum nennt Einsatz von verurteiltem Priester "verheerend"

Veröffentlicht am 21.11.2019 um 16:48 Uhr – Lesedauer: 

Essen ‐ Trotz zweifacher Verurteilung wegen Missbrauchs war ein Priester jahrzehntelang weiter im Einsatz – auch im Bistum Essen. Generalvikar Klaus Pfeffer besuchte jetzt die betroffene Pfarrei und erklärte, wie es dazu kommen konnte.

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Das Bistum Essen hat sich bei einer Pfarrei in Bochum-Wattenscheid dafür entschuldigt, dass ein zweimal wegen Missbrauchs verurteilter Priester dort seelsorglich tätig werden konnte. Dies sei aus heutiger Perspektive "ein verheerender Fehler" gewesen, erklärte Generalvikar Klaus Pfeffer am Donnerstag nach einem Treffen mit den Gremien der Pfarrei Sankt Gertrud. Er bat auch um Entschuldigung dafür, dass die Menschen in der betroffenen Gemeinde Sankt Joseph jahrelang von der Vergangenheit des Priesters nichts wussten.

Pfeffer bekundete die Hoffnung, dass es entsprechend einer therapeutischen Einschätzung aus dem Jahr 2002 zu keinem weiteren Missbrauch durch den Geistlichen gekommen sei. Der Fall war Mitte November bekannt geworden. Der aus dem Erzbistum Köln stammende Priester war 1972 wegen "fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen" zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Seit 1973 war er im Bistum Münster tätig, bis er 1988 wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen eine Bewährungsstrafe erhielt. Ein Jahr später kehrte er als Altenheimseelsorger nach Köln zurück. Als Ruhestandsgeistlicher war er von 2002 bis 2015 in Bochum-Wattenscheid tätig. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck wird laut Bistum am Sonntag die Pfarrei besuchen.

Psychologische Beurteilung: "Keine Gefahr"

Laut Pfeffer war der Priester als 65-Jähriger auf eigenen Wunsch in den Ruhestand nach Bochum gewechselt. Gemeindemitglieder, die von dessen Verurteilungen wussten, hätten damals das Ruhrbistum informiert. Das Erzbistum Köln habe die Vorgeschichte bestätigt, woraufhin eine psychologische Beurteilung durch den langjährigen Therapeuten des Geistlichen eingeholt worden sei. Diese habe bescheinigt, dass von dem Priester keine Gefahr mehr ausgehe.

Die damaligen Personalverantwortlichen informierten laut Ruhrbistum die Gemeindeleitung in Wattenscheid. Der Priester habe keine Beauftragung zur Mithilfe in der Seelsorge erhalten. Aufgrund der fachärztlichen Einschätzung seien ihm aber priesterliche Dienste nicht generell verboten worden. Bis zu seinem Umzug in ein Seniorenheim im Jahr 2015 habe er als Priester in Wattenscheid gewirkt.

Um den Geistlichen kümmerte sich auch eine 2013 eingerichtete Arbeitsgruppe zur Aufsicht aller noch lebenden Missbrauchstäter in der Diözese Essen, wie es heiß. Das 2015 bei einer externen Anwaltskanzlei in Auftrag gegebene Personalakten-Projekt habe zunächst keinen Handlungsbedarf bei dem Ruheständler im Seniorenheim gesehen. Inzwischen sei ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet worden. Zudem habe der Kölner Erzbischof dem heute 85-jährigen Geistlichen alle priesterlichen Dienste untersagt. (KNA)