Brief sorgt für Aufsehen

Bischof will die Messe nur noch "ad orientem" feiern lassen

Veröffentlicht am 28.11.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Maasin City ‐ Ein philippinischer Bischof will, dass in seiner Diözese die Messe "ad orientem" gefeiert wird. Konservative in aller Welt jubeln ihm dafür zu. Aber: Darf er das?

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Schon seit einigen Tagen macht ein Papier aus dem philippinischen Bistum Maasin im Internet die Runde: Bischof Precioso Cantillas schreibt darin an sein "Volk Gottes", dass in der Diözese ab dem ersten Advent die Messen "ad orientem" (nach Osten), also mit dem "Rücken zum Volk", gefeiert werden. Will er also eine diözesane Rückkehr zur Messfeier vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil?

"Der Zelebrant und die Gläubigen werden sich in die gleiche Richtung zum Herrn hinwenden, symbolisiert durch den Altar und das Kruzifix", heißt es in dem Schreiben. Gemeint seien die Teile der Liturgie, "wenn wir uns an Gott wenden". Zur Begründung beruft sich der Bischof auf Äußerungen des Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Kardinal Robert Sarah. Dieser hat laut dem bischöflichen Schreiben "alle Priester zur Feier der Messe 'ad orientem' eingeladen". Es sei sehr wichtig, dass es "so schnell wie möglich zu einer gemeinsamen Orientierung" der Priester und Gläubigen im Gottesdienst käme, so der Bischof.

Unter manchen ultrakonservativen und traditionalistischen Katholiken sorgte der Brief für sehr positiven Widerhall. Aber: Darf ein Bischof einfach so verfügen, dass sich die Priester wie in der außerordentlichen Form des römischen Ritus auf die andere Seite des Altars stellen?

Der Mainzer Kirchenrechtler Matthias Pulte hat sich das Papier auf Anfrage von katholisch.de angesehen. Er hält es lediglich für einen "deklaratorischen Appell" des Bischofs, der in Sprache wie Form verbindlich klingen soll. Doch ihm fallen einige Elemente auf, die das Zirkularschreiben in ein anderes Licht rücken.

Widersprochene Äußerungen

Zunächst sind da die Bezüge zu Kardinal Sarah. Dieser hatte zunächst bei der Konferenz "Sacra Liturgia" im Juli 2016 in London gesagt, dass sich Priester – wann immer möglich – bei der Messfeier nach Osten wenden sollten: "Ich glaube, dass es ein wichtiger Schritt ist, um sicherzustellen, dass der Herr wirklich im Zentrum unserer Feiern ist." Erst vergangene Woche bekräftigte der Kurienkardinal seinen Standpunkt noch einmal.

Bild: ©KNA

Kardinal Robert Sarah aus Guinea ist Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung

Doch bereits 2016 hatte Papst Franziskus einer neuerlichen Liturgiereform widersprochen: Die Regelungen zur Feier der Liturgie würden weiterhin "vollumfänglich in Kraft" bleiben, sagte damals Vatikansprecher Frederico Lombardi.

Beim Brief aus den Philippinen fällt auf, dass Bischof Cantillas zwar auf Sarah Bezug nimmt, aber nicht auf den päpstlichen Widerspruch oder die geltenden Regelungen zur Gottesdienstfeier – das gebotene Bild ist also schief. Denn dazu würde auch die Bestimmung des Missale Romanum gehören: "Der Altar ist von der Wand getrennt zu errichten, so dass man ihn leicht umschreiten und die Feier an ihm dem Volk zugewandt vollzogen werden kann. Das empfiehlt sich überall, wo es möglich ist" (Nr. 299). Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) wurde anstatt des bisherigen sogenannten "tridentinischen Ritus", bei dem der Priester die Wandlung zum Hochaltar hin- und von den Gläubigen abgewandt feiert, die heutige Liturgieordnung eingesetzt. Papst Benedikt XVI. ließ dann 2007 durch das Motu Proprio "Summorum Pontificium" die Messfeier in der nun "außerordentlich" genannten Form des Ritus weitgehend wieder zu. Die "ordentliche Form" blieb aber – auch in der Wortwahl Benedikts – der Normalfall.

Bischöfliche Autorität mit Grenzen

Nun hat ein Bischof durchaus das Recht, für seine Diözese eigene Regeln zu erlassen. Dazu gibt ihm das kanonische Recht die Möglichkeit: "Dem Diözesanbischof steht es zu, in der ihm anvertrauten Kirche innerhalb der Grenzen seiner Zuständigkeit Normen für den Bereich der Liturgie zu erlassen, an die alle gebunden sind" (Can. 838 Abs. 4 CIC). Das hat allerdings seine Grenzen: Mit einem Federstreich flächendeckend die außerordentliche Form der Messfeier verpflichtend für alle Priester einführen darf er nicht.

Bild: ©KNA

An der Frage der "richtigen" Liturgie scheiden sich die Geister.

Davon ist im Schreiben von Bischof Cantillas allerdings auch nicht die Rede. Worte wie "tridentinische Messe" oder "außerordentliche Form des Ritus" fallen hier nicht. Es ist lediglich von der Zelebrationsrichtung nach Osten die Rede. "Das könnte also auch heißen, eine ganz normale Messe zu feiern, bei der sich der Priester etwa bei der Wandlung auf die andere Seite des Altars stellt", bemerkt Matthias Pulte. Zudem verbietet der Bischof an keiner Stelle die Feier des ordentlichen Ritus. "Es ist lediglich ein feierlicher Ausruf, den er tätigt, wenn es auch anders klingen soll."

Damit beschreitet der Bischof laut Pulte eine kirchenrechtliche Grauzone: Seine Äußerung ist wegen ihrer fehlenden Verbindlichkeit nicht justiziabel. Zudem müssten sich Gläubige bei der Gottesdienstkongregation und damit bei Kardinal Sarah beschweren – von dieser Stelle ist wohl kein Widerspruch gegen den Bischof zu erwarten. "Das weiß er natürlich auch", so Pulte.

Er vermutet, das Cantillas bewusst mit verbindlich klingenden Vokabeln in einem rechtlich nicht bindenden Dokument spielt – und darauf hofft, dass die Priester seiner Diözese seinem Anliegen einfach folgen.

Interessant wird nun, wie die Diözesanpriester handeln – und wie sich die Bischofskonferenz der Philippinen dazu stellt. Außerdem ist Cantillas Salesianer, eine Note seines Ordens wäre also auch möglich. Was von Konservativen also als ein Schritt zur "alten Messe" gefeiert wird, könnte von verschiedener Seite noch ein Nachspiel haben.

Von Christoph Paul Hartmann