Der Kampf gegen Christenverfolgung ist ein Kampf für alle Religionen
Die Folgen eines fürchterlichen Weltkrieges, Millionen ermordete Kinder, Frauen und Männer, der Holocaust, die Herrschaft totalitärer Systeme und der aufziehende Kalte Krieg: Das alles bewegte die Menschen weltweit, als die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedeten. Die Erklärung definiert die unverletzlichen Grundrechte jedes einzelnen Menschen. Ihr Schutz sollte künftig die Richtschnur allen politischen und gesellschaftlichen Handelns über nationale, ethnische, religiöse und ideologische Grenzen hinweg werden. Auf dieser Grundlage sollte sich die Menschheit in Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit entwickeln. Damals wollte die Weltgemeinschaft aus der Geschichte des blutigen 19. und 20. Jahrhunderts ernsthaft lernen. Daran erinnert heute der Tag der Menschenrechte.
Zu diesen Menschenrechten gehört das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit in Artikel 18 der Erklärung. Er spricht jedem Menschen das Recht zu, seinen Glauben privat und öffentlich frei leben zu können, seinen Glauben zu wechseln, keiner Religion anzugehören, Atheist zu sein oder sich dem Glauben gegenüber völlig gleichgültig zu verhalten. Das alles berührt die innersten Überzeugungen und Gefühle eines Menschen, in denen seine Persönlichkeit wurzelt. Wer das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit einschränkt, verletzt diesen intimen, persönlichen Kern.
Dass die Mütter und Väter der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte die Religionsfreiheit als integralen Bestandteil des unteilbaren und universalen Menschenrechtskanons ausgezeichnet haben, hat konkrete Folgen. Wer sich für Religionsfreiheit engagiert, darf nicht in die Fallen des Konfessionalismus und Klientelismus tappen. Er muss sich für die Religionsfreiheit der Angehörigen aller Religionen einsetzen. Wer auf die Lage von bedrängten Christen in Indien hinweist, darf nicht das Schicksal der muslimischen Rohingya in Myanmar oder der Jesiden im Irak vergessen. Zudem darf die Religionsfreiheit nicht gegen andere Menschenrechte wie etwa das der Meinungsfreiheit ausgespielt werden – und umgekehrt.
Wie man verfolgten Christen am besten hilft
Übrigens: Mit diesem ganzheitlichen und religionsverbindenden Ansatz, flankiert durch eine gute Bildungs- und Sozialarbeit, Konfliktprävention und interreligiösen Dialog, kann man diskriminierten, bedrängten und verfolgten Christen am besten helfen.
Zurück nach Deutschland: Hier gewinnt die Debatte um das Menschenrecht auf Religionsfreiheit in den vergangenen Jahren zunehmend an Aktualität. Wenn jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger ihren Glauben in Deutschland nur unter Polizeischutz leben können, dann ist das ein Zustand, den wir nicht einfach hinnehmen, denn dann sagt dies etwas über das politische Klima in unserem Land aus. Populismus, Nationalismus oder Fremdenfeindlichkeit polarisieren die Gesellschaft, schaffen Ressentiments und sind der Nährboden für Intoleranz. Vertreterinnen und Vertreter rechter Parteien sind daher zu entlarven, wenn sie für sich das Thema Religionsfreiheit für Christinnen und Christen in aller Welt entdecken, in Wahrheit aber nur Ressentiments gegen andere (Religionen) schüren wollen.
Der heutige Tag macht deutlich: Die Wahrung der Menschenrechte und mit ihnen das Recht auf Religionsfreiheit braucht uns und unsere Überzeugung, dass diese Rechte jedem Menschen gelten, egal ob, egal woran er oder sie glaubt.