Kulinarische Vielfalt: So isst die Welt an Weihnachten
Alle Jahre wieder wollen Umfragen herausfinden, welches der Deutschen Lieblingsgericht an Weihnachten sei. Und alle Jahre wieder gibt es ein erstaunlich unerstaunliches Ergebnis: Zumindest an Heiligabend hat man es auf deutschen Tellern gerne schlicht. Auf Platz 1 liegen Würstchen mit Kartoffelsalat, beliebt sind auch andere, meist gebratene Würstchenvariationen oder ein Fischgericht. Die eher einfachen Speisen sind eine Reminiszenz daran, dass der Heiligabend eigentlich ein Fasttag ist und in früheren Zeiten auch als solcher begangen wurde. Am ersten Weihnachtsfeiertag kommen dann meist der Braten oder die Gans mit einer opulenten Auswahl an Beilagen auf den Tisch.
Dass an Weihnachten das gegessen wird, was vermeintlich immer schon kredenzt wurde, ist kein deutsches Phänomen. Viele Länder haben zum Fest der Geburt Christi ihre eigenen, oft kuriosen kulinarischen Besonderheiten entwickelt – sogar solche, in denen Weihnachten keine Tradition hat. Mancherorts hat sich sogar ein festes, ausgeklügeltes Prozedere entwickelt.
Bestes und bekanntestes Beispiel ist hierfür der Heiligabend in Polen. Sobald der erste Stern am Himmel ist, beginnt die "Wigilia", wörtlich die Wache. Als erstes wird, als Symbol für die Eucharistie, eine Weihnachtsoblate in Stücke gebrochen und an die Anwesenden verteilt. Dann bricht jeder etwas von der eigenen Weihnachtsoblate ab und teilt diese Stücke mit den anderen. Danach werden nacheinander zwölf Gänge aufgetischt – eine Anspielung auf die Zwölferzahl der Apostel. Jede Speise ist fleischlos. Wichtig ist bei der "Wigilia", immer ein Gedeck mehr auf den Tisch zu stellen, als Gäste eingeladen sind – schließlich könnte noch jemand unerwartet auftauchen.
Mehrere Gänge gibt es an Heligabend auch bei den Schweden. Fehlen darf beim "Julfest" auf keinen Fall die "Julkorv", eine besondere Bratwurst. Diese hat eine lange Tradition – angeblich soll selbst die schwedische Königsfamilie die Zubereitung eigenhändig vornehmen. Besondere Gerichte, die nur an Weihnachten gekocht werden, gibt es auch in anderen skandinavischen Ländern. In Finnland gibt es etwa den "Joulukinkku", einen Weihnachtsschinken. Er wird mit Eigelb, Semmelbröseln und Senf paniert und im Ofen gegart. Die Isländer backen an Weihnachten ihr "Laufabraud", zu Deutsch Schneeflockenbrot. Dabei handelt es sich um ein dünnes Fladenbrot, in das Ornamente und Bilder als Verzierungen geschnitzt werden.
Europäische Weihnachtstraditionen, auch kulinarische, sind von der Jahreszeit beeinflusst. Dabei vergisst man im meist winterlichen Europa oder Nordamerika oft, dass die Menschen auf der südlichen Erdhalbkugel die Geburt des Herrn im Hochsommer feiern. In den ländlichen Regionen Südafrikas etwa feiert die überwiegend schwarze Bevölkerung Weihnachten als Dorffest. An Heiligabend schlachtet der Dorfoberste einen Ochsen oder ein Schaf, da jeweilige Tier wird dann von den Frauen des Dorfes schmackhaft zubereitet. Am darauffolgenden Tag wird zusammen mit selbst gebrautem Bier und Maisbrei mit Tschakalaka-Sauce (aus Zwiebeln, Tomaten und Chili) gefeiert.
Essen wie die Azteken
Mexiko befindet sich zwar nicht auf der Südhalbkugel – winterlich ist es dort an Weihnachten aber dennoch nicht. In manchen Regionen ist es daher üblich, dass das ganze Dorf gemeinsam Weihnachten verbringt. Dabei wird selbstverständlich auch eine Vielzahl von Speisen serviert. Typisch mexikanisch sind die "Romeritos", ein Gemüseeintopf aus einer Rosmarin-ähnlichen Pflanze, Hühnerbrühe und Mole-Paste aus Schokolade und Kräutern. Garniert wird er mit Shrimps, dazu gereicht werden Tortillas aus Mais. Der Legende nach waren die "Romeritos" zu dieser Jahreszeit das bevorzugte Gericht der Azteken, der Ureinwohner Mexikos.
Warm ist es an Weihnachten auch in Ägypten. Allerdings feiern die dortigen Christen, die Kopten, die Geburt Christi erst am 7. Januar, weil sie sich am Julianischen Kalender orientieren. 43 Tage vor Weihnachten beginnen die Kopten ihre Fastenzeit. Währenddessen sich Fleisch, Fisch und Milchprodukte tabu. In den frühen Morgenstunden des Weihnachtstags, nach dem mehrstündigen Gottesdienst, wird das Fasten schließlich gebrochen. Dabei gibt es das spezielle Feiertagsessen, das "Fatta" genannt wird – ein Brotgericht mit Reis, Fleisch und Knoblauch. Außerdem werden die traditionellen "Kahk" gereicht: Gezuckerte Kekse, die mit Kreuzen verziert werden.
In Japan bekennt sich weniger als ein Prozent der Bevölkerung zum christlichen Glauben. Dennoch feiern viele Japaner Weihnachten – allerdings in der kommerzialisierten, aus Amerika importierten Variante. Zum Festmahl finden sie sich meist in den Restaurants der Fast-Food-Kette "Kentucky Fried Chicken" (KFC) ein und essen Hähnchenteile. Diese "Tradition" hat ihren Ursprung in einem Werbeslogan aus den 1970er Jahren. Er lautete "Kurisumasu ni wa kentakki", was so viel bedeutet wie "Kentucky an Weihnachten". Die Kampagne schlug ein wie ein Blitz. Bis heute verbindet man im Land der aufgehenden Sonne Weihnachten mit gebratenen Hühnchen. Jedes Jahr bereitet sich KFC auf eine extreme Nachfrage vor: Zwischen 23. und 25. Dezember verkauft die Kette so viele Brathähnchen wie sonst in zwei Wochen. Auf die Idee für die Kampagne sollen die Verantwortlichen durch einen US-amerikanischen Kunden gekommen sein, der an Weihnachten in Japan eine Filiale aufgesucht hatte. Da er nirgendwo einen Truthahn auftreiben konnte, entschied er sich für frittierte Hähnchen.
In Südkorea ist der Christenanteil mit rund 30 Prozent zwar deutlich höher als in Japan, dennoch kennt man Weihnachten dort vor allem als kommerzielles Fest. Die Koreaner treffen sich mit Freunden zu einer Weihnachtsparty oder zu einem Weihnachtsdinner. Kulinarisches Muss ist dabei der Weihnachtskuchen. Er besteht aus viel Sahne und ist zuckersüß. Die bunte Dekoration macht den Kuchen besonders: Er ist voller Figürchen und farbenfroher Verzierungen.