Gläubige bräuchten keine Ideologie

Kardinal Müller: Anpassung an den Zeitgeist ist Gift für die Kirche

Veröffentlicht am 02.01.2020 um 11:58 Uhr – Lesedauer: 
Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation
Bild: © KNA

Phoenix ‐ Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller beklagt, dass die Anpassung an den Zeitgeist Gift für die Kirche ist. Aus ihr solle dadurch eine "bequeme Zivilreligion" werden. Doch Müller hat dafür ein "Gegengift" in der Hand, sagt er.

  • Teilen:

Nach Ansicht des Kurienkardinals Gerhard Ludwig Müller ist die "von Menschen gemachte Krise" der Kirche der Anpassung an den Zeitgeist eines Lebens ohne Gott geschuldet. "Das Gift, das die Kirche lähmt, ist die falsche Meinung, man müsse sie dem Zeitgeist anpassen, die Gebote Gottes relativieren und die Glaubenslehre umdeuten", sagte Müller am Mittwoch in einer Predigt, die die "Catholic News Agency" (CNA) veröffentlichte. Er äußerte sich anlässlich des Festtages der Gottesmutter Maria während einer Konferenz der "Fellowship of Catholic University Students" im US-amerikanischen Phoenix.

Aus der Kirche wolle man damit "eine bequeme Zivilreligion machen". Näher zur Kirche komme man jedoch nicht, indem man "den Glauben für eine Agenda vom Klimawandel bis zur Geburtenkontrolle einspannen will", sondern durch das Bekennen zu Jesus. Ohne Dogmen, Sakramente und das unfehlbare Lehramt sei der Katholizismus eine "Fata Morgana, nach der nicht wenige lechzen", so der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation.

"Perversion der Logik"

Dem "tödlichen Gift der Schlange entkomme" man, indem man sich von ihr fernhalte oder immer das "Gegengift" dabei hätte, "die 'Wahrheit des Evangeliums' (Gal 2,14) und 'das Leben aus dem Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich dahingegeben hat.' (Gal 2,20)". Gläubige bräuchten keine Ideologie, so Müller: "Wer hofft, greift nicht zu Betäubungsmitteln. Wer liebt, sucht nicht die Lust der Welt, die mit ihr vergeht. Wer Gott und den Nächsten liebt, findet sein Glück im Opfer der Selbsthingabe." Diese Menschen würden froh und frei, wenn sie die Form lebten, zu der Gott sie berufen hat. Müller nennt die sakramentale Ehe, das zölibatäre Priestertum und das gottgeweihte "Leben nach den drei evangelischen Räten der Armut, des Gehorsams und der ehelosen Keuschheit um des Himmelreiches Willen."

Der Kurienkardinal beklagte darüber hinaus eine "Perversion der Logik": Der Schutz des Lebens ab der Empfängnis werde als konservative und rechte Position diffamiert, "während man die Tötung eines unschuldigen Kindes im Mutterleib für ein Menschenrecht reklamiert und sich deswegen für fortschrittlich hält." (mpl)