Tötung des iranischen Generals: Kirche verfolgt Situation mit Sorge
Kirchenvertreter im Vatikan, in Deutschland und im Mittleren Osten sehen die wachsenden Spannungen in der Region mit großer Sorge. Nach der Tötung des iranischen Generals Qasem Soleimani in Bagdad durch die USA sagte der Botschafter des Papstes im Iran, Erzbischof Leo Boccardi, dem Portal Vatican News (Freitagabend), weitere Spannungen seien jetzt unbedingt zu verhindern und alle Beteiligten zu Verhandlungen zu bewegen.
Krieg sei keine Lösung, um die Probleme der Welt zu lösen, mahnte Boccardi. Allein der Dialog sei dazu in der Lage. Das lehre auch die Geschichte. Papst Franziskus verfolge die Situation mit großer Sorge und bete für den Frieden, so der Diplomat weiter.
Auch Kurienkardinal Peter Turkson, Leiter der vatikanischen Entwicklungsbehörde, äußerte sich besorgt. Mit den jüngsten Vorfällen und der schon länger andauernden Krise im Irak erlebe man "eine Spirale der Rache mit all den Anzeichen für Spannungssituationen und Krieg", sagte Turkson im Gespräch mit Vatican News.
Derzeit schaukelten sich in der Region Misstrauen und Angst gegenseitig hoch, weil es keine Begegnungen und keine Gespräche gebe, wie sie Papst Franziskus immer wieder fordere. "Jeder bleibt in seiner Ecke und beginnt Vorstellungen zu formulieren, die Gefühle von Bedrohung erzeugen", so der Kardinal.
In Deutschland rief der Mainzer katholische Bischof Peter Kohlgraf mit Blick auf die Lage im Mittleren Osten zu Gebet und Engagement für den Frieden auf. "Hoffentlich finden sich diplomatische Lösungen. Beten wir um den Frieden und gestalten ihn aktiv", schrieb er auf seiner Facebook-Seite. Kohlgraf ist Präsident der deutschen Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi.
Irakische Christen hatten zu Weihnachten um Frieden gebetet
Besorgt zeigte sich auch der chaldäisch-katholische Erzbischof von Kirkuk im Irak, Yousif Thomas Mirkis. "Wir haben zu Weihnachten um Frieden auf Erden gebetet; nun macht uns der Zeitpunkt dieser Rache der USA große Angst vor dem, was passieren wird", sagte der Erzbischof telefonisch dem US-Pressedienst Catholic News Service CNS.
Die Iraker seien kriegsmüde und fürchteten, in einen Konflikt zwischen den USA und dem Iran gezogen zu werden. "Dies könnte auch die Bevölkerung spalten", so Mirkis, der dem Dominikanerorden angehört. Einige seien gegen, einige für die Intervention.
Die Tötung Soleimanis, des Architekten der Stellvertreterkriege Teherans im Nahen Osten, könnte weitere Spaltungen zwischen Sunniten und Schiiten im Irak zur Folge haben, warnte der Erzbischof. Soleimani galt als zweitmächtigste Figur in Iran hinter Ayatollah Ali Khamenei. Die USA machen ihn für Hunderte getötete US-Geheimdienstmitarbeiter verantwortlich. Er war auch der Chefstratege des Iran im Syrien-Konflikt.
Zuvor hatte sich bereits der Weltkirchenrat (Ökumenischer Rat der Kirchen, ÖRK) besorgt über "mögliche Konsequenzen" des Iran-USA-Konflikts für die ganze Region gezeigt. General Soleimani sei zwar "kein unschuldiges Opfer" gewesen, so ÖRK-Generalsekretär Olav Fykse Tveit. Doch der Angriff der USA und die zu erwartenden Reaktionen machten die Lage noch bedrohlicher. Tveit sprach von "unkalkulierbaren Folgen" und mahnte die Konfliktparteien zu "größtmöglicher Zurückhaltung". Denselben Ausdruck wählte auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. (cst/KNA)