Der 55-jährige Mann soll geistig verwirrt sein

Zerstörte Fenster der Leipziger Thomaskirche: Polizei fasst Täter

Veröffentlicht am 06.01.2020 um 18:01 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN

Leipzig ‐ Allem Anschein nach hat ein geistig verwirrter Mann Ende Dezember gut zwei Dutzend Fenster der bekannten Leipziger Thomaskirche eingeworfen. Der Staatsschutz ermittelt in dem Fall aber auch wegen eines linksextremen Bekennerbriefs.

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Nach der Zerstörung von gut zwei Dutzend Fenstern an der Leipziger Thomaskirche und dem angrenzenden Thomashaus hat die Polizei den mutmaßlichen Täter gefasst. Der 55-jährige Leipziger habe die Tat von Ende Dezember gestanden, teilte die Polizei am Montag mit. Der mutmaßliche Täter war demnach bereits am Freitag gefasst worden. Die Gemeinde habe die Polizei verständigt, da sich der Mann erneut an der Kirche aufgehalten habe. Als Motiv für die Steinwürfe habe er angegeben, die Kirche verweigere die Herausgabe von Dokumenten, die belegten, er sei der Sohn Gottes. Der Mann sei nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen in eine Fachklinik gebracht worden.

Thomaskirchenpfarrerin Britta Taddiken sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Mann sei bereits im Sommer einmal im Pfarramt gewesen und habe "wirres Zeug erzählt". Bei einem Besuch im Pfarramt am 28. Dezember habe sich der 55-Jährige dann als "Sohn Gottes" ausgegeben und drei Scheiben eingeworfen. Dieser Vorfall war zunächst nicht öffentlich geworden.

Schaden von rund 18.000 Euro

In der Silvesternacht wurden dann weitere rund 25 Schreiben von Thomaskirche und -haus eingeschmissen. Darunter befinden sich vier wertvolle Buntglasfenster aus dem 19. Jahrhundert über dem Mendelssohn-Portal der Kirche und ein Jugendstilfenster des Thomashauses aus dem frühen 20. Jahrhundert. Der Gesamtschaden beläuft sich laut Gemeinde auf rund 18.000 Euro. Man hoffe, alle Fenster ersetzen zu können, sagte Taddiken. Glaser seien bereits vor Ort gewesen. "Das Original aber ist verloren", erklärte sie.

Für Verwirrung sorgte ein am Wochenende aufgetauchtes Bekennerschreiben auf der Plattform "linksunten.indymedia.org". In dem Text auf der Internetseite, auf der häufig linksextremistische Taten veröffentlicht werden, heißt es wörtlich: "In der Silvesternacht haben wir Nazi Pfarrerin und AFD Anhängerin Britta Taddiken und ihrem blasphemischen Gotteshaus einen Besuch abgestattet und für ein wenig Frischluft gesorgt." Weiter kritisierten die Autoren einen angeblich "menschenverachtenden" Umgang Taddikens mit Bettlern, Obdachlosen, Flüchtlingen und Musikern im Umfeld des Gotteshauses.

Pfarrerin erstattet Strafanzeige wegen Nötigung und Beleidigung

"Das ist natürlich Quatsch", sagte Taddiken dem epd. Die Gemeinde habe lediglich das Ordnungsamt gebeten, geltendes Recht durchzusetzen und es Bettlern zu untersagen, direkt in den Kirchentüren zu stehen und aggressiv um Almosen zu bitten. Zum Teil seien Kirchenbesucher regelrecht angegangen worden. Zudem habe man wegen der vielen Veranstaltungen in der Kirche darum gebeten, bei Straßenmusikern auf dem Thomaskirchhof zumindest die vorgeschriebenen Ruhezeiten etwa zu Mittag oder am späten Abend durchzusetzen. "Straßenmusik darf niemanden stören", erklärte die Pfarrerin.

Wegen des Schreibens hat Taddiken Strafanzeige wegen Nötigung und Beleidigung erstattet. Die Ermittlungen führt der polizeiliche Staatsschutz. Die Polizei ließ am Montag durchblicken, den behaupteten Inhalt zumindest für fraglich zu halten und schrieb von einer "dubiosen Begründung" für die angeblichen Steinwürfe. Auch Taddiken zeigte sich überzeugt, dass allein der gefasste 55-Jährige der Täter ist. Die Tat sei vonseiten der Autoren des Briefes ihrer Auffassung nach lediglich genutzt worden, um deren Meinung kundzutun, sagte sie. (epd)