Mertes: Fand es schwierig, mit dem Misstrauen der Opfer umzugehen
Der Jesuitenparter Klaus Mertes hat es nach eigenen Angaben schwieriger gefunden, mit der Ablehnung von Missbrauchsopfern umzugehen, als mit dem Vorwurf, Nestbeschmutzer der katholischen Kirche zu sein. Dieser Vorwurf habe ihn wenig tangiert, "denn ich habe ja nicht den Schmutz gemacht, so Mertes am Sonntag in einem Interview des Deutschlandfunks. Es sei anstrengender gewesen, "die nachvollziehbaren, aber auch nicht leicht zu ertragenden Hass- und Misstrauensgefühle von Opfern zu ertragen".
Mertes warnte außerdem davor, die Entschädigung der Missbrauchsopfer nur auf Geld zu beschränken. Das käme einer "Freikauf- und Ablassmentalität" gleich. Zur innerkirchlichen Aufarbeitung sagte Mertes, der Missbrauch sei ein gesamtkirchliches Problem. Das habe inzwischen auch Franziskus erkannt. Im Klerus herrsche bei den Themen Sexualität und Homosexualität immer noch Sprachlosigkeit. Das kirchliche Amt werde überhöht. Die "klerikale Kaste" habe ein überzogenes, problematisches Loyalitätsverständnis. Wegen des Missbrauchs durch geweihte Männer in der Kirche sei auch der Zölibat nicht mehr glaubwürdig.
Mertes hört in Sankt Blasien auf
Mertes war zuvor von 2000 bis 2011 Rektor des Jesuitengymnasiums Canisius-Kolleg in Berlin. Ehemalige Schüler waren 2010 an ihn herangetreten, um den Missbrauch durch zwei Patres der Schule anzuzeigen. Mertes wandte sich daraufhin in einem Brief an alle Schüler, die das Kolleg in den 1970er und 1980er Jahren besucht hatten. Dies löste eine bundesweite Debatte über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche aus. Seit Sommer 2011 ist Mertes Rektor des Kollegs Sankt Blasien im Schwarzwald. Vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass er vor hat, die Leitung zum Schuljahresende abzugeben. (gho/KNA)