Bedford-Strohm: Zukunft der Kirche ist ökumenisch – Marx "Verbündeter"
Für den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ist es ein "Skandal", dass die Kirche Jesu Christi in Einzelkirchen aufgeteilt ist. "Es gibt keine Zukunft der Kirche, außer einer ökumenischen", sagte der bayerische Landesbischof am Donnerstag im Münchner Presseclub. Das Ziel der Ökumene sei aber kein homogenes Gebilde oder der Zusammenschluss zweier Großorganisationen - also der katholischen und evangelischen Kirche -, sondern dass unterschiedliche Reichtümer miteinander geteilt werden. Das Allerwichtigste für die Zukunft der Kirche sei, "dass wir ausstrahlen, wovon wir sprechen".
Er werde sich nie damit zufrieden geben, dass es immer noch kein gemeinsames "Abendmahl" gebe, betonte Bedford-Strohm. Im Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Münchner Erzbischof Reinhard Marx, habe er in dieser Frage einen Verbündeten gefunden: "Wir sind wirklich Freunde und lassen uns nicht auseinanderdividieren. Auch die Kirchen nicht", sagte Bedford-Strohm. Denn es gebe nur einen Gott - keinen evangelischen oder katholischen. Es gebe auch kein evangelisches oder katholisches Leid, sondern nur menschliches. Darauf müssten die Kirchen gemeinsam reagieren und nicht doppelt nebeneinanderher arbeiten.
Angesichts sinkender Mitgliedszahlen rief Bedford-Strohm die Kirchen zu "entschlossener Gelassenheit und gelassener Entschlossenheit auf". Derzeit gehörten rund 45 Millionen Menschen in Deutschland einer christlichen Kirche an; wenn die Zahl in 40 Jahren auf 22 Millionen zurückgehe, sei das immer noch "sensationell". Dennoch dürfe Kirche nicht davon ausgehen: "Der alte Tanker ist gesetzt und die Menschen müssen sich fügen." Es sei genau andersherum: Kirche müsse sich nach den Bedürfnissen der Menschen richten. "Wir müssen rausgehen und nicht in kirchlichen Milieus bleiben." Das tue seine Landeskirche etwa mit dem aktuellen Reformprozess "Profil und Konzentration".
Weiter verteidigte Bedford-Strohm das Engagement seiner Kirche bei der Seenotrettung von Flüchtlingen. "Wir wollen, dass die Menschen sicher und in Würde leben können. Man kann sie nicht aus politischen oder Abschreckungsgründen ertrinken lassen", sagte der bayerische Landesbischof. Die EKD hatte im Dezember angekündigt, sich im Bündnis "United 4 Rescue", das sich aktuell um die Ersteigerung eines Schiffes bemüht, an der Seenotrettung zu beteiligen. Morddrohungen gegen seine Person im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe sieht Bedford-Strohm nach eigenem Bekunden gelassen. "Mir geht es innerlich bestens. Und diese Dinge haben mein Herz nicht in der Hinsicht erreicht, dass ich nachts nicht schlafen könnte." Er sehe sich nicht in großer Gefahr, so der Landesbischof.
Marx verteidigt Seenotrettung ebenfalls
Bereits am Mittwochabend hatte auch Marx das kirchliche Engagement zur Rettung von Flüchtlingen aus Seenot auf dem Mittelmeer verteidigt. Zwar gebe es "keine einfachen Antworten auf die Fragen von Flucht und Migration", sagte der Kardinal beim zentralen ökumenischen Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen im Münchner Liebfrauendom. Man wolle und könne aber die "politischen Akteure nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, dafür zu sorgen, dass das Sterben im Mittelmeer aufhört". Sonst würde man sich nicht mehr zu den eigenen biblischen Wurzeln bekennen, sagte der Münchner Erzbischof laut Mitteilung vom Donnerstag.
Bedford-Strohm rief in seiner Predigt dazu auf, "gerade in stürmischen Zeiten" Christus in die Mitte zu stellen. Er verwies auf die Angst vieler, die Kirche könne infolge des Mitgliederschwundes untergehen. Es gelte, bei allen notwendigen Programmen und Reformen den Blick ganz neu auf Christus zu richten und auf sein Wort zu hören, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Jesus habe gesagt: "Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr keinen Glauben?", erläuterte der Landesbischof weiter. Neben Bedford-Strohm und Marx standen der rumänisch-orthodoxe Bischof Sofian von Kronstadt und Bischof Serovpé Isakhanyan von der armenischen apostolischen Kirche in Deutschland dem Gottesdienst vor. Die weltweite Gebetswoche für die Einheit der Christen vom 18. bis 25. Januar begehen Christen aller Konfessionen auf der Nordhalbkugel seit 1908 mit Gottesdiensten und Begegnungen. (tmg/epd/KNA)