Der Klerusverband in Bayern und der Pfalz wird 100 Jahre alt

Ein Club für den Papst und andere seines Standes

Veröffentlicht am 06.02.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Kragen eines Priesters. Kollar. Außerhalb liturgischer Handlungen getragenes schwarzes Brusttuch oder Hemd mit Stehkragen mit einem weißen quadratischen oder rechteckigen Kragenstück, dass in den Bund integriert ist.
Bild: © KNA

Nürnberg ‐ Don Camillo zückt die Faust gegen die Kommunisten, in Bayern gründeten katholische Priester einen Verein gegen die rote Gefahr. 100 Jahre ist die Gründung des Klerusverbandes her. Zuletzt sorgte ein heftig umstrittener Text des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum Missbrauchsskandal für Aufsehen.

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"Wir wollen, dass nicht jeder seine eigene Suppe kocht", sagt Andreas Simbeck. Und das tut die Standesvertretung, dessen Vorsitzender der Geistliche ist, auch ganz praktisch: Denn der Klerusverband ist nicht nur eine Art Lobby für Priester und Diakone in den sieben bayerischen Diözesen sowie dem Bistum Speyer, sondern auch Tarifpartner, wenn es um die Gehälter der Pfarrhaushälterinnen geht.

Prominenz erreichte der Verband, der nun 100 wird, zuletzt durch einen Aufsatz seines bekanntesten Mitglieds im Verbandsorgan, dem "Klerusblatt". Der emeritierte Papst Benedikt XVI. veröffentlichte dort 2019 einen heftig diskutierten Text zum Missbrauchsskandal.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. im Februar 2014
Bild: ©Evandro Inetti/picture alliance/ZUMA Press

2019 veröffentlichte der emeritierte Papst Benedikt XVI. einen umstrittenen Text zur Missbrauchskrise im "Klerusblatt", der Verbandszeitschrift des Klerusverbandes.

Gegründet wurde der Klerusverband gewissermaßen in einer Krisenzeit für die Kirche, kurz nach dem Ersten Weltkrieg: In Bayern stellte der Sozialist Kurt Eisner die Regierung. Der Münchner Kardinal Michael von Faulhaber forderte damals seine Kleriker auf, sich zusammenzuschließen, um ihre Rechte zu verteidigen. Es gründete sich ein Priesterverein im Erzbistum München und Freising, weitere folgten in den sechs anderen bayerischen Bistümern und in der vormals bayerischen Diözese Speyer. 1920 dann kam es zum Zusammenschluss auf Landesebene in Nürnberg, ausgerechnet in einer protestantischen Stadt.

"Die Zeiten sind natürlich nicht zu vergleichen, doch die schwierige Zeit zur Gründung haben wir unter anderen Vorzeichen wieder", sagt Vorsitzender Simbeck. Größere Einheiten in der Seelsorge, weniger Personal, das seien nur zwei Themen, die die Mitglieder bewegten. Deren Zahl sei natürlich wie die der Priester rückläufig, so Simbeck. Waren es zum 75. Geburtstag noch rund 4.200, sind es jetzt keine 3.000 mehr. Immerhin: Das sind etwa 90 Prozent aller Geistlichen im Einzugsgebiet. Zu ihnen zählen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) auch Ständige Diakone, von denen viele verheiratet sind.

Nächster Verband in Köln?

Der rückläufigen Statistik zum Trotz scheint das für Deutschland einzigartige Modell weiter attraktiv, wie der Vorsitzende aus Gesprächen mit Geistlichen jenseits des Weißwurstäquators weiß. Im Erzbistum Köln etwa gebe es Überlegungen, sich ähnlich zu organisieren. Immerhin erhalte der dortige Kardinal Rainer Maria Woelki das "Klerusblatt" regelmäßig auf den Tisch.

Bild: ©Hilda-Maria Schneider

Andreas Simbeck ist Vorsitzender des Klerusverbandes.

Dazu kommen die Vorteile einer Standesvertretung. Als solche bietet der Verband seinen Mitgliedern Hilfe in Rechtsfragen. Kurz nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals schloss er eine spezielle Rechtsschutzversicherung für Strafsachen ab und löste diesen Komplex aus der bisherigen Standesversicherung heraus. Nun sei die Anonymität der Mitglieder gewahrt, wenn sie sich Hilfe holten, etwa auch bei Verkehrsdelikten, erklärt Simbeck.

Umdenken möglich

Doch vor allem die Vernetzung sei wichtig in den "zunehmend schwereren Zeiten", betont der Monsignore. Dabei gelte es manchmal, auch mit massiver Stimme aufzutreten. Die Verantwortlichen des Synodalen Weges, den man unterstütze, haben schon vergangenes Jahr Post von Simbeck bekommen, da ihm damals im Teilnehmerfeld die einfachen Pfarrer und Priester fehlten, wie er sagt. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, habe geantwortet und es hat sich auch etwas verändert. "Offensichtlich hat man nachgebessert."

Debatten werden auch im Klerusverband geführt, zum Beispiel in der Verbandszeitschrift. Das "Klerusblatt" geht monatlich an jedes Mitglied, "so wie die ADAC-Motorwelt", erzählt Simbeck. In den Ausgaben jüngeren Datums wurde manch heißes Eisen von Autoren angefasst, etwa Homosexualität oder Burnout.

Zu Benedikts mittlerweile berühmtem Aufsatz zum Missbrauchsskandal sagt Simbeck, damit habe sich der emeritierte Papst ursprünglich exklusiv an den bayerischen Klerus wenden wollen. "Dass es dann von der Vatikan-Seite andere Kanäle genommen hat, bedauern wir." Das "Klerusblatt" geht übrigens auch immer noch jeden Monat per Post nach Rom. Benedikt XVI. freue sich stets, "etwas von der Heimat zu bekommen".

Von Christian Wölfel (KNA)