Würzburger Oberhirte würdigt Schreiben von Franziskus

Bischof Jung: Papst misstraut pragmatischen Lösungen

Veröffentlicht am 14.02.2020 um 14:05 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg ‐ Bei vielen Katholiken überwiegt die Enttäuschung über das nachsynodale Schreiben des Papstes – nicht so beim Würzburger Bischof Franz Jung: Für ihn hat Franziskus sehr deutlich gemacht, wie er sich Kirchenentwicklung vorstellt. Kritik am Dokument erwachse aus unrealistischen Erwartungen.

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Der Würzburger Bischof Franz Jung hat das Schreiben des Papstes zur Amazonas-Synode gewürdigt. Trotz manch enttäuschter Erwartungen sei der Text "auch für andere Ortskirchen in den Umbrüchen unserer Tage höchst bedenkenswert", erklärte Jung am Freitag. Franziskus misstraue einer reinen Versorgungspastoral durch Amtsträger. "Ihm liegt daran, dass das Glaubensleben in den Gemeinden selbst wächst." Dazu sehe der Papst ausdrücklich die Laien in der Verantwortung, besonders auch Frauen.

Außerdem misstraue der Papst "rein pragmatischen Lösungen", so der Bischof. Die gesamte Kultur müsse vom Evangelium durchdrungen werden. Eine aufgesetzte Form der Mission wäre für Franziskus nur eine neue Form der Kolonisierung. Ein Verständnis von Mission als Inkulturation helfe dagegen, eine Kirche mit einem amazonischen Gesicht zu entwickeln, die ein ganz eigenes Gepräge auch in Liturgie und Ämtern habe und nicht einfach andere Ortskirchen kopiere.

Papst verdeutlicht, "wie er sich Kirchenentwicklung vorstellt"

Am Beispiel von Amazonien verdeutliche der Papst "einmal mehr, wie er sich Kirchenentwicklung vorstellt", so Jung. Dazu zähle auch ein prophetischer Blick auf die schönen und schmerzlichen Seiten der Wirklichkeit, der eine entschiedene Umkehr einleite.

Franziskus hatte am Mittwoch seine Schlussfolgerungen zur Amazonas-Synode vorgelegt. Bei dem Bischofstreffen vom 6. bis zum 27. Oktober im Vatikan ging es unter anderem um ökologische und soziale Folgen des Raubbaus in der ressourcenreichen Region, die Stärkung der indigenen Bevölkerung und um neue Wege in der Seelsorge. Im Schlussdokument zur Synode hatten sich die Teilnehmer dafür ausgesprochen, dass die Bischöfe im Amazonasgebiet die Voraussetzungen dafür schaffen sollten, in Gemeinden ohne ausreichende pastorale Versorgung auch entsprechend ausgebildete Familienväter zu Priestern weihen zu können, nachdem sie zuvor Diakone waren. Auf diesen und weitere Vorschläge geht der Papst in seinem Schreiben "Querida Amazonia" (Geliebtes Amazonien) nicht explizit ein.

Jung sprach in diesem Zusammenhang von unrealistischen Erwartungen. Die Frage nach dem Zölibat und anderen Zugangswegen zum Priesteramt bedürften einer weltkirchlichen Beratung und Beantwortung. Daher sei nicht zu erwarten gewesen, dass der Papst Regelungen für eine einzelne Ortskirche treffen würde.

Die Reaktionen zum Papstschreiben fielen gemischt aus. Vor allem unter reformorientierten Katholiken überwog die Enttäuschung darüber, dass das Thema "viri probati" vom Papst nicht berücksichtigt wird. Auch die Art, wie Franziskus über Frauen in der Kirche schreibt, stieß auf Kritik. Der Pontifex seinerseits zeigte sich enttäuscht über die Reaktionen und beklagte eine falsche Schwerpunktsetzung der Medien. (tmg/KNA)