Flüchtlinge im Kirchenasyl haben kaum Chancen auf Erfolg
Flüchtlinge, die ins Kirchenasyl aufgenommen wurden, haben kaum Chancen, in Deutschland anerkannt zu werden. Für 464 Personen haben Kirchengemeinden im vergangenen Jahr Dossiers mit der Bitte um erneute Fallprüfung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingereicht, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums an die Bundestagsfraktion der Linken hervorgeht. In nur 14 Fällen erklärte die Behörde nachträglich ihre Zuständigkeit. Die Kirchenasyl-Fälle betreffen vor allem Flüchtlinge, die nach der sogenannten Dublin-Regelung eigentlich in einem anderen EU-Land einen Antrag stellen müssten.
Nach der Dublin-Verordnung müssen Flüchtlinge in das EU-Land zurückgeführt werden, in das sie als erstes offiziell eingereist sind. Das sind oft Länder wie Griechenland, Italien oder die Länder des Balkans. "Humanitären Fallkonstellationen wird nur noch selten Rechnung getragen", sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. "Kirchengemeinden werden durch die systematische Zurückweisung von Kirchenasylen vor den Kopf gestoßen."
Derzeit 410 Kirchenasyle in Deutschland
Die meisten Kirchenasylmeldungen kamen nach den Angaben des Bundesinnenministeriums aus Nordrhein-Westfalen (180), Bayern (110) und Hessen (78). Insgesamt meldeten Kirchengemeinden 635 Kirchenasyl-Fälle von Januar bis Dezember 2019. Will eine Kirchengemeinde die Abschiebung auch nach einer Ablehnung des Bundesamtes verhindern, muss der Flüchtling 18 Monate in den Kirchenräumen leben, bis die Frist zur Abschiebung in einen EU-Staat abgelaufen ist. Die Frist wurde 2018 erhöht. Für die Gemeinden ist das Kirchenasyl damit zu einem noch größeren Kraftakt geworden. Derzeit bestehen nach Angaben des ökumenischen Netzwerks "Asyl in der Kirche" 410 Kirchenasyle bundesweit, 388 sind sogenannte Dublin-Fälle.
Das Kirchenasyl werde offenbar für überflüssig gehalten, sagte der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Martin Dutzmann, dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", das zuerst über die Kleine Anfrage berichtet hatte. Menschen, die in Gemeinden Schutz suchten und Vertrauen fassten, sprächen irgendwann auch über Dinge, über die sie vorher gegenüber dem Vertreter des Staates nicht reden konnten. "Wir bitten das Bundesamt, das zu respektieren und auf unseren Hinweis hin Fälle erneut zu prüfen", sagte Dutzmann.
Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. (epd)