Standpunkt

Was die Bischofskonferenz von der Orthodoxie lernen kann

Veröffentlicht am 05.03.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ So mancher wird nicht müde zu betonen, dass der Vorsitzende der deutschen Bischöfe gar nicht so entscheidend sei, beobachtet Nikodemus Schnabel. Dabei könnte die Bischofskonferenz bedeutender werden – und dabei von der orthodoxen Kirche lernen.

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In diesen Tagen sind die medialen Augen nicht nur der deutschsprachigen katholischen Welt fest auf Mainz gerichtet und das Phänomen "Deutsche Bischofskonferenz" tritt wieder deutlich ins Bewusstsein. Gerade die Wahl des neuen Vorsitzenden, des Limburger Bischofs Georg Bätzing, wurde mit größter Aufmerksamkeit verfolgt. Im Vorfeld gab es bei manchen ein Raunen über die Wahl des "deutschen Papstes", woraufhin andere überdeutlich darauf hinwiesen, dass weder der Vorsitzende noch die Bischofskonferenz als solche wirklich etwas autoritativ zu sagen hätten, sondern dass die eigentliche Entscheidungsgewalt beim einzelnen Ortsbischof für seine Diözese beziehungsweise beim Papst für die Gesamtkirche läge. Schade!

Wirklich schade! Alle, die jetzt, teils genussvoll, die Bedeutung der Deutschen Bischofskonferenz und die Rolle ihres Vorsitzenden kleinreden, beschädigen nämlich nicht nur diese, sondern auch den ökumenischen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche. Diese beiden Schwesterkirchen haben sich nämlich seit dem Dokument von Ravenna mit dem Titel "Ekklesiologische und kanonische Konsequenzen der sakramentalen Natur der Kirche – Kirchliche Communio, Konziliarität und Autorität" vom 13. Oktober 2007 auf den Weg gemacht, das heiße Eisen "Macht in der Kirche" anzufassen. Was die "Gemeinsame Internationale Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche" da offiziell vorgelegt hat, lohnt gerade in diesen Tagen einer Relecture. Sehr hilfreich ist darin die Unterscheidung und Ausleuchtung der Phänomene "Autorität" und "Synodalität" und der drei Ebenen "lokal", "regional" und "universal".

Um es ganz kurz zu machen: Nach der Lektüre dieses wunderbaren Dokuments werden die Hausaufgaben für die römisch-katholische Seite sehr klar: Sie braucht eine Stärkung der Synodalität und eine Wiederentdecken der regionalen Ebene, welche in der orthodoxen Kirche durch die Patriarchate und die anderen autokephalen Kirchen mit ihrem jeweiligen Synod hervorragend vorhanden ist. 

Das jüngste Dokument dieses offiziellen Dialogs, das Dokument von Chieti vom 21. September 2016, erinnert erneut an diese zu machenden Hausaufgaben in seiner Nummer 13, wenn es wieder einmal den altkirchlichen Apostolischen Kanon 34 zitiert: "Die Bischöfe jeder Provinz müssen den anerkennen, der unter ihnen der erste ist, und ihn als ihr Haupt betrachten und nichts Wichtiges ohne seine Zustimmung tun... aber der erste kann nichts tun ohne die Zustimmung aller."

Als leidenschaftlicher Ökumeniker wünsche ich mir daher in Zukunft eine deutliche Stärkung der Kompetenzen der Bischofskonferenzen und ihrer jeweiligen Vorsitzenden – mit selbstverständlich sehr starken synodalen Strukturen, welche eine entsprechende Laienbeteiligung wie auch in der orthodoxen Kirche mit einschließt – "denn", so schließt der besagte Apostolische Kanon 34, "auf diese Weise wird Eintracht herrschen und Gott wird gepriesen werden durch den Herrn im Heiligen Geist."

Von Pater Nikodemus Schnabel

Der Autor

Pater Nikodemus Schnabel OSB ist Benediktinermönch der Dormitio-Abtei in Jerusalem und Direktor des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft (JIGG).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.