Frühjahrs-Vollversammlung in Mainz ist beendet

Bischöfe ändern Verfahren für Zahlungen an Missbrauchsopfer

Veröffentlicht am 05.03.2020 um 14:24 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Vor allem die Wahl des neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz war mit Spannung erwartet worden. Doch auch andere wichtige Entschlüsse standen auf der Agenda der Vollversammlung in Mainz. Unter anderem ging es um die Festlegung der Anerkennungszahlungen für Missbrauchsopfer.

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Die deutschen Bischöfe haben ein neues Verfahren für die Anerkennungszahlungen an Missbrauchsopfer beschlossen. Die Höhe der gezahlten Summe werde sich in Zukunft an den von staatlichen Gerichten beschlossenen Schmerzensgeldern in vergleichbaren Fällen orientieren, heißt es im Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung in Mainz. Dabei beziehe man sich auf den oberen Bereich der zuerkannten Zahlungen, heißt es in einem dem Bericht angehängten Papier mit Grundsätzen für die Weiterentwicklung des bisherigen Systems der Anerkennung des erlittenen Leids.

Laut der geltenden zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle und entsprechenden Gerichtsurteilen werden derzeit Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall gezahlt. Man werde bei Härtefällen auch über diese Zahlungen hinausgehen, sagte Bischof Stephan Ackermann. "Wir geben keine Summe als Deckelungsbetrag an", so der Missbrauchsbeauftragte der DBK. Bei der Herbst-Vollversammlung der Bischöfe in Fulda hatte eine von der Bischofskonferenz beauftragte Expertengruppe eine neue Entschädigungslösung vorgestellt. Darin wurden unter anderem zwei Modelle vorgeschlagen: eine pauschale von rund 300.000 Euro pro Opfer oder ein abgestuftes Verfahren, bei dem je nach Schwere des Falls zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden könnte.

Man habe grundlegende Empfehlungen der Arbeitsgruppe übernommen, sagte Ackermann weiter. So werde etwa ein unabhängiges Entscheidungsgremium eingesetzt, das die Leistungshöhe verbindlich festsetzt und für eine zentrale Auszahlung an die Betroffenen zuständig ist. Das sei eine "qualitative Verbesserung" zur Situation zuvor, so Ackermann. Außerdem würden die Zahlungen solidarisch unter den Bistümern finanziert. Ferner werde sichergestellt, dass die Leistungen steuerfrei seien und nicht mit anderen Sozialleistungen verrechnet würden. Jede Diözese müsse selbst bestimmen, aus welchen Mitteln die Zahlungen geleistet würden, heißt es in dem Grundsatzpapier. In den vergangenen Monaten hatten sich zahlreiche Gläubige und Bischöfe zu Wort gemeldet, die sich gegen eine Finanzierung der Anerkennungszahlungen aus Kirchensteuern ausgesprochen hatten. Die konkrete Umsetzung der nun beschlossenen Punkte soll bis Herbst geklärt werden.

Bätzing begrüßt stärkere Eucharistie- und Kirchengemeinschaft

Darüber hinaus begrüßte Bätzing den Vorschlag des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) für eine stärkere Eucharistie- und Kirchengemeinschaft. Dabei gehe es nach seiner Ansicht jedoch nicht um eine institutionell geregelte gemeinsame Feier von Kommunion/Abendmahl, sondern eher um eine theologische Stütze für eine individuelle Gewissensentscheidung einzelner Christen verschiedener Konfessionen.

Für die katholische Kirche ergeben sich aus dem Papier des ÖAK laut Bätzing aber auch Fragen. Denn anders als beim protestantischen Abendmahl sei die Kommunion in beiderlei Gestalt in der katholischen Eucharistie nicht die Regel. Weiterhin müssten Formulierungen über den Opfercharakter der Messe geklärt werden. Ob der Vorsteher einer Feier eine Weihe benötige, sei eine Frage, die sich für die protestantische Seite ergebe. Die Beratungen seien nicht abgeschlossen und würden weitergeführt, auch im Hinblick auf den Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt.

Außerdem sprachen die Bischöfe über die Einführung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Thema wird innerkirchlich schon seit längerer Zeit diskutiert, zu einer Abstimmung über die Vorschläge kam es bei der Vollversammlung jedoch nicht. Zudem hatte die Kirchenrechts-Arbeitsgruppe unter Leitung des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick Überarbeitungen im Bereich der kirchlichen Strafgerichtsordnung und der Disziplinarordnung für Kleriker angeregt.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

DBK-Sekretär Pater Hans Langendörfer, DBK-Missbrauchsbeauftragter Bischof Stephan Ackermann, DBK-Vorsitzender Bischof Georg Bätzing und DBK-Sprecher Matthias Kopp (v.l.) bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 5. März 2020 in Mainz.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB) befürchtet die Bischofskonferenz eine Zunahme der Suizidhilfe durch die in Deutschland bereits agierenden Vereine. Das könne im weiteren Verlauf zu Normalisierungstendenzen der Selbsttötung führen, die man in Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden oder Belgien bereits beobachten könne, hieß es. Dies schwäche Angebote palliativer und hospizlicher Versorgung.

Die Kirche, deren "vornehmste Aufgabe" darin bestehe, Menschen in schwierigen Lebenssituationen beizustehen, sehe ihre weitere Verantwortung in der umfassenden Information der Menschen über "die oftmals gar nicht bekannten vielfältigen Möglichkeiten der Selbstbestimmung auf dem letzten Weg" wie Patientenverfügung, Behandlungsabbruch oder Schmerztherapien.

Fortführung der Hilfen für die Christen in Syrien

Die Bischöfe sprachen sich zudem für eine Fortführung der Hilfen für die Christen in Syrien aus. Als Gast hatte der Apostolische Nuntius von Damaskus, Kardinal Mario Zenari, der Bischofskonferenz von der Lage der Menschen im Land berichtet. Die Kampfhandlungen in vielen Teilen des Landes seien beendet, und jetzt zeige sich das ganze Ausmaß der Zerstörung. Die Menschen hätten aufgrund des Zusammenbruchs der gesellschaftlichen Strukturen weiterhin keine wirklichen Alternativen zur Auswanderung.

Weiter beklagt die Bischofskonferenz die politische Untätigkeit der EU-Staaten angesichts der Lage der syrischen Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze. Man wolle sich weiter dafür einsetzen, dass die Politik das gemeinsame europäische Asylsystem reformiert und die Erstaufnahmestaaten nicht mit der Problematik allein gelassen werden.

Neben der Wahl Bätzings zum DBK-Vorsitzenden und der Bestätigung von Pater Hans Langendörfer als Sekretär der Bischofskonferenz, wurden weitere Personalentscheidungen getroffen. So wählten die Bischöfe den künftigen Augsburger Oberhirten Bertram Meier zum Mitglied der Kommissionen für Ökumene und Weltkirche. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck wurde zum ersten Kirchlichen Assistenten der Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL) bestimmt. Der Beauftragte für die Gläubigen der mit Rom verbundenen Ostkirchen, der Paderborner Weihbischof Dominicus Meier, wurde in seinem Amt bestätigt. Er hat es seit 2017 inne. Auch Weibischof Robert Brahm aus Trier wurde als Vorsitzender der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises bestätigt. (rom/cst)

Hinweis: Meldung wird fortlaufend ergänzt.

Nächste Frühjahrsvollversammlung in Sachsen

Im kommenden Frühjahr tagen die deutschen Oberhirten in Dresden. Zuvor kommen sie im September in Fulda zusammen. Der Ort des Frühjahrstreffens wechselt stets, während die Herbsttagungen immer in Fulda stattfinden.