Der Weg ist frei
Zudem billigte Franziskus demnach das Votum der Heiligsprechungskongregation, die sich bei ihrer jüngsten Kardinalssitzung für eine Heiligsprechung des Konzilspapstes Johannes XXIII. ausgesprochen habe. Sie erfolgt in diesem Fall ohne die förmliche Anerkennung eines zweiten Heilungswunders. Der Papst habe entschieden, dass das nicht erforderlich sei, erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. "Wir kennen alle die Tugend und die Persönlichkeit von Papst Roncalli, es ist nicht nötig, die Gründe für seine Heiligkeit zu erklären."
Bei Johannes XXIII., der mit bürgerlichem Namen Angelo Giuseppe Roncalli hieß, handele es sich um einen besonderen Fall. Johannes XXIII. machte in seinem kurzen Pontifikat die Fenster der Kirche weit auf, indem er überraschend ein Konzil der Gesamtkirche einberief. Das Zweite Vatikanum (1962-1965) veränderte die Kirche zutiefst.
Das Konzil öffnete den Katholizismus
Die größte Kirchenversammlung des 20. Jahrhunderts öffnete den Katholizismus für die gesellschaftlichen und politischen Fragen der Zeit und für die Probleme der zeitgenössischen Menschen. Das Konzil brachte die Dimension der Weltkirche ins Bewusstsein und machte den Weg frei für einen ökumenischen wie interreligiösen Dialog. Der greise "Übergangspapst" hatte eine Zeitenwende ausgelöst. Johannes XXIII. war m Jahr 2000 seliggesprochen worden.
Der 2011 seliggesprochene Papst aus Polen Johannes Paul II. könnte nun bereits acht Jahre nach seinem Tod zur höchsten Ehre der Kirche gelangen. Es wäre die schnellste Heiligsprechung in der neueren Kirchengeschichte. Dem voraus ging die Anerkennung eines weiteren Wunders auf Fürsprache von Johannes Paul II. Vatikansprecher Lombardi zufolge handelt es sich um die Heilung einer Frau aus Costa Rica. Sie sei nach der Anrufung von Johannes Paul II. am Tag von dessen Seligsprechung im Mai 2011 von einem schweren Hirnschaden geheilt worden.
Der charismatische Pole Karol Wojtyla trug als Papst mit seinen politischen Botschaften und Symbolen maßgeblich zum Sturz des Kommunismus bei. Er war der erste Nichtitaliener seit 455 Jahren, bereiste die Weltkirche in einem Maß wie keiner seiner Vorgänger. In seinen Lehrschreiben verurteilte er nicht nur den Kollektivismus, sondern auch maßlose Habgier und fehlende Solidarität eines ungebremsten Kapitalismus. Seine Versöhnungsgesten gegenüber dem Judentum und seine ökumenischen und interreligiösen Initiativen schrieben Geschichte. Im Gedächtnis blieb auch sein quasi öffentliches Leiden und Sterben.
Was bedeutet Heiligsprechung?
Die Heiligsprechung ist in der katholischen Kirche eine feierliche Erklärung des Papstes über das vorbildlich christliche Leben eines Menschen und über seine endgültige Aufnahme zu Gott. Nach dieser "Kanonisation", die während eines Festgottesdienstes vollzogen wird, darf die betreffende Person weltweit verehrt werden.
Der Heiligsprechung geht ein kirchlicher Prozess voraus, der über mehrere Instanzen führt. Dabei muss nachgewiesen werden, dass durch die Fürsprache des oder der Betroffenen Wunder geschehen sind. Das gilt allerdings nicht für Menschen, die als Märtyrer, also wegen ihres Glaubens, gestorben sind.
Vor einer Heiligsprechung steht die Seligsprechung. Bei ihr wird nur eine regionale Verehrung des Seligen zugelassen. In der Kirche wurden anfangs die Heiligen ohne förmlichen Prozess anerkannt. Weil es dabei zu Übertreibungen und Parteilichkeiten kam, zog der Papst den Vorgang an sich. Der erste von einem Papst Heiliggesprochene war Bischof Ulrich von Augsburg im Jahr 993.
Das Gesamtverzeichnis der Seligen und Heiligen der katholischen Weltkirche ("Martyrologium romanum") nennt rund 7.000 namentlich bekannte Selige und Heilige. (mog/KNA/dpa)