Warten auf das Sakrament – Kommunionkinder in der Corona-Krise
Als die Kommunionkinder sich Ende September zum ersten Mal versammelten, konnte niemand ahnen, wie sehr sich ihre Welt noch vor dem Weißen Sonntag verändern würde. Niemandem kam es in den Sinn, dass der große Tag, auf den sie sich so freuten, vielleicht gar nicht stattfinden könnte. Und nun ist genau das Realität geworden. "Die Corona-Krise bringt uns in eine beispiellose Situation", sagt Papst Franziskus. Beispiellos und ungewiss. Selbst heute können wir noch nicht sagen, wie wir den 19. April 2020 verbringen werden. Eins aber ist klar: Die Kirchen werden leer sein.
Auch in einer Gemeinde in Königswinter, in der 18 Kinder zur Erstkommunion gehen wollten, ist die Corona-Krise das vorherrschende Thema. "Ich war sehr traurig, als die Feier abgesagt wurde", erzählt Kommunionkind Malia, versteht aber, dass es anders nicht geht. Eigentlich wollte katholisch.de die Geschichte ihrer Vorbereitung erzählen. Denn die Achtjährige ließ sich extra taufen, um die erste heilige Kommunion empfangen zu dürfen. Mehr noch, ihre Cousine Lara empfing nur wenige Wochen vorher die Firmung, um Taufpatin werden zu können.
"Ich hatte mich darauf gefreut, als Malias frischgebackene Patin bei ihrer Erstkommunion dabei zu sein und hatte mir einen besonderen Tag für sie gewünscht", sagt die 19-Jährige, die sich noch sehr gerne an ihre eigene Kommunion erinnert. "Aber den Gottesdienst abzusagen ist im Moment der einzig vernünftige Weg." Auch Isabel Daum, deren Tochter Sofia in Bonn zur Erstkommunion gehen sollte, teilt diese Meinung. "Ich bin erleichtert über die Entscheidung. Es ist jetzt unglaublich wichtig, verantwortungsvoll zu handeln."
Das Kommunionkleid muss fürs erste im Schrank hängen bleiben
Natürlich ist zugleich auch Wehmut dabei. "Die Kinder sind monatelang in den Kommunionunterricht gegangen, haben sich an ihre Taufe erinnert, beim Fest der Versöhnung gebeichtet, das erste Mal eine Hostie probiert. Wir hatten die Vorbereitung mit vielen netten Gesten in unseren Familienalltag integriert und das verpufft jetzt." Auch für die große Feier war schon einiges vorbereitet, das Restaurant reserviert, Einladungen verschickt, Gastgeschenke gebastelt. Die Kommunionkerze ist liebevoll gestaltet, das Kleid hängt im Schrank.
"Was nun?", fragen sich die Seelsorgeteams in allen Bistümern deutschlandweit. "Diese Situation ist für uns neu. Wir haben keinen ausgearbeiteten Notfallplan in der Tasche und so geht es ja allen", sagt Kaplan Klaus Heep aus Königswinter, der sich auch mit einem Kollegen im Bistum Augsburg austauscht. Die Probleme, die Corona verursacht, sind überall gleich. Nichts ist wirklich planbar, jeden Tag gibt es neue Nachrichten. "Niemand kann sagen, wie lange uns das Thema wirklich beschäftigen wird", so Heep. Sein Seelsorgeteam hat sich aus dieser Situation heraus entschieden, flexible Lösungen anzubieten.
"Wir haben den Familien freigestellt, in ein paar Wochen oder Monaten selbst eine Sonntagsmesse auszuwählen, in der sie die Erstkommunion nachfeiern können", sagt Dorothee Steinmann, Gemeindereferentin im Seelsorgebereich. "Wenn bei uns wieder Normalität einkehrt, werden viele Menschen Anlässe nachholen wollen und Plätze in den Restaurants belegen, deshalb wollen wir die Familien nicht auf einen Tag festlegen", erklärt Steinmann die Entscheidung.
Wie Kommunion-Nachfeiern aussehen können
Die Nachfeiern würden dann im Rahmen einer normalen Messe geschehen. Zwar in Festtagskleidung und dem offiziellen Empfang der ersten Heiligen Kommunion, aber eben nicht als klassische Kommunionfeier. "Wir werden uns in diesen Kommunion-Gemeindemessen wo immer möglich auf die Kinder beziehen, damit sie spüren, dass es ihr besonderes Fest ist", sagt Steinmann. Denkbar sei, dass sie feierlich mit einziehen, kleine Aufgaben übernehmen, etwa bei den Fürbitten oder der Gabenbereitung, das Vaterunser am Altar beten.
Wie genau der Ablauf gestaltet wird, ist Sache des Zelebranten. "Es wäre schön, wenn sich mehrere Kommunionkinder an einem Termin zusammenfänden", ermutigt Kaplan Heep, denn: "Ich habe mal ausgerechnet, wie lange wir Erstkommunion feiern würden, wenn jede Familie einen anderen Sonntag wählen würde. Da wären wir viereinhalb Monate lang nur mit einem Thema beschäftigt." Auch unter den Eltern und Kindern geht der Wunsch in Richtung einer gemeinsamen Feier. "Die Kinder haben sich als Gruppe vorbereitet und dann kann es nichts Schöneres geben, als auch gemeinsam zu feiern", sagt Meike Stümper.
Wer auf eine klassische Kommunionfeier nicht verzichten will, hat auch die Möglichkeit, ein Jahr zu warten und am Weißen Sonntag 2021 zu feiern. "Das können die Familien frei entscheiden. Vielleicht gibt es dann auch jüngere Geschwister, die gemeinsam mit den Älteren zur Kommunion gehen möchten", überlegt Kaplan Heep. Das sei vor allem eine Option, wenn sich die Lage bis in den Herbst hinein nicht beruhigt hat. "Dann macht es vielleicht Sinn, an den nächsten Jahrgang anzudocken."
In vielen Gemeinden werden solche Lösungsansätze durchgespielt. Heike Nachtsheim, deren Tochter Mira in Grafschaft zur Erstkommunion gehen sollte, hat allerdings noch keine weiteren Infos erhalten. "Wir wurden hier im Bistum Trier sehr früh informiert, dass die Erstkommunion verschoben wird. Wie es konkret weitergeht erfahren wir, sobald absehbar ist, wie lange die Corona-Krise dauern wird." Grundsätzlich kann jede Gemeinde einen eigenen Weg entwickeln. Vorgaben von den Bistümern gibt es dazu keine.
Während Malia aus Königswinter am liebsten mit allen Kindern zusammen feiern und dazu auch ein Jahr warten würde, könnte sich Isabel Daum aus Bonn mit einem Termin im kleineren Rahmen anfreunden. "Ich fände es schön, wenn Sofias Kommuniongruppe noch dieses Jahr in einer Familienmesse feiern würde. So könnte man an die Vorbereitung anknüpfen und das Motto beibehalten." Sofia sagt dazu: "Ich hätte gerne eine richtige Kommunionfeier mit allen. Egal, ob sie in ein paar Monaten nachgeholt wird, in einem halben Jahr oder erst im nächsten."
Gottesdienst im Livestream – auch für Kinder?
Damit die Eltern und Kommunionkinder bis dahin nicht im luftleeren Raum hängen, überlegen sich die Seelsorgeteams auch, wie es weitergehen kann. "Zunächst einmal ist es uns wichtig, dass die Kinder in irgendeiner Form weiter am Sonntagsgottesdienst teilhaben. Derzeit kommen dafür ja nur die Fernseh- oder Internetgottesdienste in Frage", sagt Kaplan Heep. Speziell auf Kinder zugeschnittene Formate scheint es derzeit nur von evangelischer Seite zu geben, etwa von der Kinderkirche Württemberg.
Auch zur weiteren Kommunionvorbereitung gibt es Ideen. Wie bei der Heimschule sind hier die Eltern gefragt. "Glücklicherweise haben wir seit einigen Jahren ein besonderes Konzept. Unsere Katechesen finden nur einmal im Monat statt, dafür aber einen ganzen Vormittag lang", erklärt Dorothee Steinmann. Und so fehlt den Kindern in ihrem Seelsorgebereich nur noch die letzte Einheit, in der es unter anderem um den Empfang des heiligen Brotes geht. "Ich habe das Thema für die Eltern aufbereitet und werde ihnen die Anregungen zuschicken."
Steinmann erwartet nicht, dass die Eltern eine richtige Katechese abhalten. "Aber es wäre schön, wenn sie mit den Kindern ins Gespräch kommen, beten, singen, vielleicht eine Kerze anzünden." Sobald Treffen wieder unbedenklich möglich sind, wolle sie einen kleinen Crashkurs abhalten, in dem alle Inhalte kurz wiederholt würden. "Auf diese Weise sollen die Kinder ihre Erinnerung auffrischen. Wichtig ist, dass sie am Ende zwischen Brot als Nahrungsmittel und dem eucharistischen Brot unterscheiden können. Dann sind sie bereit für die Erstkommunion."
Für Malia, Sofia und all die anderen Kommunionkinder, die so kurz vor dem Ziel ausgebremst wurden, ist es wichtig zu wissen, dass es weitergeht. "Die Kommunion ist nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben", macht sich Malia Mut und auch Sofia sagt: "Hauptsache sie findet statt!" Ihre Mutter Isabel wünscht sich, dass sich Menschen in der nächsten Zeit auf die Schöpfung und die wesentlichen Dinge besinnen. "So sind wir ganz nah am Glauben dran. Und dann ist es umso schöner nach einer überwundenen Krise die Erstkommunion und damit auch das Leben und das Geleit Gottes zu feiern."