Bätzing: Das Kreuz ist ein Heilmittel, das aufrichtet
Am Karfreitag inmitten der Corona-Pandemie haben deutsche Bischöfe zu Hoffnung und Vertrauen aufgerufen - trotz aller Sorgen und Fragen vieler Menschen. Sie erinnerten unter anderem an Menschen, die wegen der Kontakteinschränkungen einsam sind, und an Helfer, die sich selbst in Gefahr bringen.
Der "persönliche Karfreitag"
Christen gedenken am Karfreitag des Leidens und Sterbens Jesu. Theologisch ist der Feiertag untrennbar mit Ostern als dem Fest der Auferstehung verbunden. In diesem Jahr mussten wegen des Corona-Virus alle öffentlichen Andachten, Feiern und Gottesdienste ausfallen. Mit Blick auch auf Ostern war darüber eine heftige Debatte entbrannt.
Viele erlebten derzeit "ihren persönlichen Karfreitag", sagte der Würzburger Bischof Franz Jung. Die Corona-Krise zwinge zu Distanz, wo Zuwendung und Nähe notwendig wären. Das gelte etwa für die Bewohner von Altenhilfeeinrichtungen, Patienten in Kliniken und Menschen in Quarantäne. "Auch wenn derzeit mit viel Fantasie und Hilfsbereitschaft versucht wird, diesen Mangel an Nähe zu beheben, so bleibt doch der Schmerz der Einsamkeit."
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte, Gott komme durch Menschen ins Spiel, die sich für andere einsetzen. In den vergangenen Wochen habe es herausragende Beispiele gegeben. Damit seien auch Menschen gemeint, die ihre Arbeit täten und sich dabei selbst in Gefahr brächten. Auch wenn in der Pandemie Fragen an Gott blieben, wolle er den Glauben an Gott nicht fundamental in Frage stellen, betonte der Bischof in der nicht-öfffentlichen Liturgie im Mainzer Dom.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, blickte auf das Kreuz im Christentum. Es sei das "Glaubenssymbol schlechthin für Christinnen und Christen; ein Heilmittel, das aufrichtet und Trost schenkt", so Bätzing im Limburger Dom. Er bezog sich auf die Diskussion um das "Pestkreuz", das vor zwei Wochen beim Segen des Papstes "Urbi et orbi" zum Petersplatz gebracht worden war und wegen des Regens Schaden genommen hatte. "Wer glaubt, dem stellt sich die Frage nicht, ob ein Kreuz 'benutzt' werden darf, auch wenn es einmal im Regen steht."
Bambergs Erzbischof Ludwig Schick forderte mit Blick auf den Todestag Jesu dazu auf, über das eigene Sterben nachzudenken. "Wer sich mit dem Tod befasst, stirbt leichter und kann auch seinen sterbenden Mitmenschen besser beistehen", schrieb Schick schon am Donnerstag auf Facebook. Es sei ein Segen und Glück, wenn sich ein Sterbender in die Hände Gottes legen könne und darin Frieden finde. Dazu gehöre auch, wenn möglich, sein Leben in Ordnung zu bringen.
Der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, sagte, das Kreuz könne Christen in der aktuellen Krise helfen, auch wenn es wegen des Todeszusammenhangs ein verstörendes Zeichen sei. "Gott lässt es zu, dass sich alle Mächte des Todes, der Gewalt, der Angst, der Sünde, des Sterbens austoben können am Kreuz seines Sohnes", so der Erzbischof von München und Freising. Dies biete eine tröstliche Perspektive, die größer sei als der Tod. Marx ergänzte, für Jesu Tod seien die politisch und religiös Mächtigen der damaligen Zeit verantwortlich. Die Gefahr, dass Macht überzogen werde, sei immer wieder da und bestehe in allen Religionen, Kulturen und Gemeinwesen.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warb um Gottvertrauen. Wenn Menschen wegen des Virus nachts vor Sorge nicht schlafen könnten, dann könnten sie "all das in Gottes Hand legen, weil Gott mit uns fühlt, mit uns leidet, mit uns weint", sagte der bayerische Landesbischof bereits am Mittwoch in München. Er erinnerte zudem daran, dass auch in leeren Kirchenräumen ein Ort für den leidenden und mitleidenden Gott sei.
Jesus als Trost auch in Corona-Zeiten
Der ernannte Augsburger Bischof Bertram Meier sieht in Jesus einen Trost für Corona-Betroffene. "Er ist für uns gestorben, damit wir im kleinen und großen Sterben des Alltags nicht allein bleiben. Das soll auch denen Trost sein, die darüber klagen oder sich sogar selbst Vorwürfe machen, wenn sie einen guten Freund oder Verwandten in der Intensivstation oder beim Sterben allein lassen müssen", sagte Meier in Augsburg.
Der christliche Glaube hilft nach den Worten des Passauer Bischofs Stefan Oster dabei, sich liebend an andere Menschen zu wenden: "zu den vom Virus Betroffenen, zu den Betroffenen von Flucht, Vertreibung und Verfolgung, zu denen ohne Obdach und zu den Einsamen und vielen anderen mehr", sagte er in der Andreaskapelle neben dem Stephansdom.
10.04.2020, 17.01 Uhr: ergänzt um Aussagen von Bischof Oster
10.04.2020, 18.15 Uhr: ergänzt um Aussagen von Erzbischof Schick und Kardinal Marx