Malteser-Großmeister Dalla Torre gestorben
Der Großmeister des Malteserordens, Fra' Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto, ist tot. Der 75-Jährige starb nach Angaben des Ordens am Mittwoch um kurz nach Mitternacht in Rom an den Folgen seiner Ende Januar diagnostizierten Krankheit. Der Orden ist weltweit in Entwicklungs- und Katastrophenhilfe tätig.
Dalla Torre übernahm das Amt als 80. Großmeister im Mai 2018 nach einer schweren Leitungskrise. Zuvor führte er die Amtsgeschäfte übergangsweise seit April 2017 in der Rolle eines Statthalters. Der frühere Großmeister Matthew Festing war Anfang 2017 nach Turbulenzen um den kirchlichen Kurs der Einrichtung auf Druck von Papst Franziskus zurückgetreten. Seit seiner Wahl widmete sich Dalla Torre besonders internen Reformen. Zu den Anliegen zählen eine flachere Hierarchie und mehr Beteiligung von Frauen. Zudem bannte Dalla Torre Messen des alten lateinischen Ritus aus offiziellen Ordensfeiern. Dem Vernehmen nach hatten sich an der liturgischen Form Diskussionen um die Ausrichtung des Ordens entzündet.
Papst Franziskus würdigte den Verstorbenen als "Mann der Kultur und des Glaubens". In einem am Mittwochabend veröffentlichten Beileidstelegramm schrieb Franziskus, der Italiener habe ihn durch seine Treue zu Jesus beeindruckt. Zudem hob er den Einsatz des Großmeisters für die Schwächsten der Gesellschaft hervor. Auch der Malteserorden drückte seine Trauer um den verstorbenen Großmeister aus. Sein Tod hinterlasse eine Lücke, die schwer zu füllen sei, teilte am Mittwoch Ruy Goncalo do Valle Peixoto de Villas Boas mit. Der 80-jährige Portugiese übernahm übergangsweise als Statthalter die Führung des Ordens. Er nannte Dalla Torre einen "guten und spirituellen Menschen". Mit seinem diplomatischen Geschick und seinem Charisma habe er viele Mitglieder und Freiwillige inspiriert. Auch der Präsident der deutschen Assoziation des Malteserordens, Erich Prinz von Lobkowicz, zeigte sich betrübt über den Tod. "Bei seinen Besuchen in Deutschland hat er unsere Herzen vollständig gewonnen; seine zurückgenommene fürsorgliche Art war unwiderstehlich. Zu vielen Staaten und Staatsoberhäuptern begründete Fra' Giacomo wirkliche Freundschaften", sagte von Lobkowicz. Seine Gabe zur Freundschaft sei einfach und authentisch gewesen. Für den Malteser Hilfsdienst, in dem mehr als 50.000 Menschen ehrenamtlich tätig sind, erklärte dessen Präsident Georg Khevenhüller: "Unvergessen sind die Momente, wo er die 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Wallfahrt für Menschen mit Behinderung in Rom empfangen hat. Er strahlte Herzlichkeit und Wärme aus, die die Pilger berührte." Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte dem Maltesterorden.
Deutschland-Besuch im Oktober
Der am 9. Dezember 1944 in Rom geborene Dalla Torre wurde 1985 Mitglied des Malteserordens und mit Ablegung der ewigen Gelübde 1993 Professritter. Im Zivilberuf Professor für Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der Päpstlichen Universität Urbaniana in Rom, bekleidete er seit 1994 verschiedene Leitungsaufgaben im Orden. Nach dem Tod von Großmeister Andrew Bertie im Februar 2008 amtierte er kurzzeitig bis zur Wahl von Matthew Festing als Statthalter. Bei einem Treffen im Vatikan im vergangenen Juni erörterten Papst Franziskus und Dalla Torre die Krise in Venezuela, die Hilfen für die kolumbianische Bevölkerung und die Lage im Nahen Osten. Ferner ging es nach Ordensangaben um aktuelle humanitäre und diplomatische Ziele der Malteser und die Erneuerung des Ordens. Vergangenen Oktober besuchte Dalla Torre Deutschland, unter anderem zu Gesprächen mit Steinmeier und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
Der Malteserorden steht in der Tradition des "Ritterordens vom Hospital des heiligen Johannes zu Jerusalem", des im 11. Jahrhundert gegründeten weltweit ersten christlichen Krankenpflegeordens. Nach der Reformation spaltete sich die Gemeinschaft auf in die katholischen Malteser und die evangelischen Johanniter. Als katholischer Orden ist der Souveräne Malteserorden dem Heiligen Stuhl unterstellt. Gleichzeitig ist er politisch ein eigenes Völkerrechtssubjekt. Dieser Status verschafft ihm einzigartige Zugänge auf politischer und diplomatischer Ebene und soll besondere Unabhängigkeit in Konflikten ermöglichen. Zu 107 Staaten unterhält der Orden diplomatische Beziehungen, seit Ende 2017 auch zu Deutschland.
Die Malteser haben nach eigenen Angaben 13.500 männliche und weibliche Ordensmitglieder sowie rund 120.000 ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter. Sie sind weltweit in der Entwicklungs- und Katastrophenhilfe sowie im Gesundheitssektor aktiv. In Deutschland gründeten der deutsche Zweig des Malteserordens und der Deutsche Caritasverband 1953 den Malteser Hilfsdienst (MHD) als Sanitäts- und Katastrophenschutz-Organisation. (tmg/KNA)
29.4., 15:25 Uhr: Ergänzt um Reaktionen. 30.4., 8:50 Uhr: Ergänzt um Papst.