In Corona-Pandemie als Krisenmanager gefordert

Streiter für Solidarität: Caritaspräsident Peter Neher wird 65

Veröffentlicht am 01.05.2020 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Die Corona-Pandemie fordert Peter Neher als Krisenmanager, zugleich mahnt der Caritas-Chef, andere Herausforderungen, wie das Leid der Flüchtlinge, nicht zu vergessen. Heute wird Neher, ein Streiter für mehr Solidarität, 65 Jahre alt.

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Auch im Deutschen Caritasverband dominiert die Corona-Krise aktuell nahezu alle Arbeitsbereiche. "Eine Gesundheitskrise dieser Dimension ist beispiellos", fasst Caritas-Chef Peter Neher zusammen. Ambulante Pflegedienste und Alteneinrichtungen arbeiten unter schwierigsten Bedingungen; die sozialen Folgen der Isolation vieler alter Menschen sind dramatisch. Hinzu kommt der eklatante Mangel an Schutzausrüstung. "Wichtig ist uns, die ohnehin sozial Benachteiligten, Wohnungslose oder Menschen mit Behinderungen besonders zu schützen."

Der Präsident des größten deutschen Sozialverbands ist nun als Krisenmanager gefragt. Am 1. Mai wird Neher 65. Eine große Feier wird es nicht geben. "Auch ohne Corona war das nicht geplant", sagt er. Trotz der Ausnahmesituation ist es Neher wichtig, andere, drängende sozialpolitische Fragen nicht zu vergessen. Er wirbt dafür, das Engagement gegen den Klimawandel zu forcieren und Maßnahmen dabei sozial gerecht zu gestalten. Nicht verstummen dürfe zudem die Forderung, endlich zu einer humaneren europäischen Flüchtlingspolitik zu kommen.

"Wir brauchen eine europäische Flüchtlingspolitik, die diesen Namen verdient", fordert er. So tritt Neher dafür ein, Flüchtlinge selbst entscheiden zu lassen, in welchem EU-Land sie ihren Asylantrag stellen. Und er ruft die Politik auf, endlich die humanitäre Katastrophe in den Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln zu beenden. Couragiert fördert Neher folgerichtig die Arbeit des Hilfswerks Caritas international und verlangt langfristige Hilfen für die Opfer von Krisen und Katastrophen. Er selbst reist immer wieder in Krisenregionen, etwa nach Syrien, um sich aus erster Hand zu informieren. Nicht erst seit 2015 engagiert sich die Caritas bundesweit für Integration und Begleitung von Flüchtlingen.

Ein Mann neben einem Caritas-Symbol
Bild: ©dpa/Frank Rumpenhorst

Die Caritas ist der Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche in Deutschland.

Seit langem ist er für die Berliner Bundespolitik ein zentraler Ansprechpartner. Aber auch innerkirchlich ist Neher für klare, unabhängige Positionen bekannt. So kritisierte er vor kurzem beispielsweise, dass die überlieferte katholische Sexualmoral nicht mehr zeitgemäß und nicht geeignet sei, Menschen in Konfliktlagen zu helfen. Nehers Weg an die Spitze des Caritasverbands verlief geradlinig. Nach Banklehre und nachgeholtem Abitur studierte der Allgäuer in Eichstätt und Würzburg Theologie und wurde 1983 Priester. Er arbeitete als Krankenhausseelsorger und Stadtpfarrer in Kempten, bevor er 1999 zur Caritas in Augsburg kam.

Wichtig ist ihm das Thema Sterbe- und Suizidbeihilfe. Schon in seiner Doktorarbeit befasste er sich mit der Begleitung Sterbender. Nehers Anspruch ist es, dass sich Kirche und Caritas in den regelmäßig neu aufflammenden Debatten couragiert zu Wort melden. Im Blick auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Suizidbeihilfe forderte er, dass sterbenskranke Menschen nicht unter Druck gesetzt werden dürften. "Vielmehr dürfen sie auch mit ihrer Angst und Trauer nicht alleine gelassen werden - und da ist die Selbsttötung keine Lösung."

Nehers Amtszeit läuft noch bis 2021

2003 wurde Neher dann Präsident des Deutschen Caritasverbands. Dabei ist er keineswegs der direkte Chef der bundesweit rund 660.000 Mitarbeiter. Denn die Caritas ist föderal in rechtlich selbstständigen Diözesan- und Stadtverbänden sowie in Fachdiensten organisiert. Dennoch setzt die Freiburger Zentrale wichtige politische Impulse für die gesamte Caritasarbeit.

Nehers aktuelle Amtszeit läuft bis 2021. Ob er sich dann noch einmal zur Wiederwahl stellen wird - es wäre seine vierte, sechsjährige Amtszeit - hat er nach eigenen Worten noch nicht entschieden. "Ich habe das Datum im Blick und werde mich im Herbst äußern." Ob dann die Corona-Krise überwunden sein wird, ist fraglich. Schon jetzt zeigt sich Neher alarmiert, welche sozialen Kosten die Pandemie langfristig verursachen wird.

Von Volker Hasenauer (KNA)