20 Jahre "Donum Vitae": Ein Nein der Laien zum Nein des Papstes
Es ist ein Nein zu einem päpstlichen Nein. Jahrelang hatte die deutsche katholische Kirche um die Frage gerungen, ob sie mit ihrer Schwangerenberatung im staatlichen System bleiben kann. Bis dann Papst Johannes Paul II. 1999 ein Machtwort sprach und den Ausstieg verfügte. Als Gegenreaktion riefen prominente Katholiken mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) als Geburtshelfer den bürgerlichen Verein "Donum Vitae", zu Deutsch: Geschenk des Lebens, ins Leben. Das Ziel: Das kirchlich profilierte Beratungsangebot fortführen. Vor 20 Jahren - am 5. Mai 2000 - öffnete im saarländischen Homburg die erste Beratungsstelle.
Stein des Anstoßes war und ist der Beratungsschein. Er weist nach, dass die für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch notwendige Konfliktberatung stattgefunden hat. Kritiker wie der im Jahr 2000 verstorbene Fuldaer Bischof Johannes Dyba kanzelten den Nachweis als "Lizenz zum Töten" ab. Er und vor allem der langjährige Kölner Kardinal Joachim Meisner (1933-2017) drängten auf den Ausstieg - gegen den Willen der meisten ihrer deutschen Amtskollegen.
Dyba und Meisner stießen in Rom auf offene Ohren, wo sie im damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, ihren Mitstreiter hatten. Ende November 1999 wies Johannes Paul II. die deutschen Bischöfe an, künftig auf die Ausstellung des Beratungsscheins zu verzichten. Der gesetzlich geforderte Nachweis habe eine "Schlüsselfunktion für die Durchführung straffreier Abtreibungen". Das Zeugnis der Kirche werde verdunkelt.
Demgegenüber argumentierten die Gründer von "Donum vitae", nur mit einem Verbleib im staatlichen System ließen sich jene Frauen erreichen, die eine Abtreibung erwägen, und zu einem Leben mit dem Kind ermutigen. "Im Grunde trennt uns von der Haltung der Bischöfe oder des Papstes in Sachen Lebensschutz überhaupt nichts", blickt die langjährige "Donum Vitae"-Vorsitzende Rita Waschbüsch zurück. "Wir haben nichts anderes fortgeführt, als das, was kirchliche Stellen früher gemacht haben."
Dennoch stieß die Initiative, die unter anderen von den Politikern Norbert Blüm, Wolfgang Thierse, Bernhard Vogel und Erwin Teufel mitgegründet worden war, auf scharfe Kritik. Dyba sprach von einem "Geschenk des Todes". Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., warf den Initiatoren vor, die Kirche zu spalten. Der Verein ziele "praktisch auf eine Abtrennung der Laienchristen von der Hierarchie und insbesondere von Rom" ab. Waschbüsch ihrerseits nannte den Vorwurf "absurd". Donum Vitae sei aus der Mitte der katholischen Laien entstanden. "Die Spaltung kam in dieser Frage durch eine Minderheit von Katholiken zustande."
Neben dem Bundesverband verzeichnet "Donum vitae" 11 Landesverbände sowie über 60 Regional- oder Ortsvereine. An bundesweit über 210 Orten ist er mit Beratungsstellen vertreten. Mit den Jahren hat sich das Themenspektrum erweitert: Neben sexualpädagogischer Arbeit geht es auch um Kinderwunschberatung oder Themen wie Pränataldiagnostik, vertrauliche Geburt sowie spezielle Hilfen für behinderte Jugendliche oder geflüchtete Schwangere.
Inzwischen hat sich das Verhältnis zwischen dem Verein und der Amtskirche etwas entspannt. Anfang 2018 wurde ein Brief des damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, an das ZdK bekannt. Darin finden sich anerkennende Worte des Münchner Erzbischofs für "Donum Vitae": Nicht nur die Schwangerenberatungsstellen der Bistümer, sondern auch der Verein setzte sich für den Lebensschutz ein und erziele Erfolge in der Konfliktberatung.