Deutsche Bischöfe auf Distanz zu Corona-Aufruf von Viganò und Müller
Die katholischen Bischöfe in Deutschland gehen auf Distanz zu einer Gruppe um Erzbischof Carlo Maria Vigano, Kardinal Gerhard Ludwig Müller und Kardinal Joseph Zen Ze-kiun. Diese hatten eine Warnung veröffentlicht, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine "Weltregierung" zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht".
"Die Deutsche Bischofskonferenz kommentiert grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands" sagte der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, am Samstagabend der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Deutsche Bischofskonferenz grundlegend von dem gestern veröffentlichten Aufruf unterscheidet." Die deutschen Bischöfe hatten zur Corona-Pandemie unter anderem erklärt, dass die Einschränkungen - auch bei den Gottesdiensten - "vernünftig und verantwortungsvoll" gewesen seien und zugleich betont, man müsse die Beschränkungen auch "mit Verantwortung und Augenmaß" wieder lockern.
Zuvor hatte der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, auf Facebook kommentiert, jeder, der diesen Aufruf unterzeichnet habe, entblöße sich selbst. Er sei "einfach nur fassungslos, was da im Namen von Kirche und Christentum verbreitet wird: Krude Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege, verbunden mit einer rechtspopulistischen Kampf-Rhetorik, die beängstigend klingt."
Pfeffer: Mit Jesus Christus habe der Aufruf nichts zu tun
Es sei ungeheuerlich, wenn Anstrengungen zur Eindämmung einer Pandemie diskreditiert würden als "Vorwand", um eine "hasserfüllte technokratische Tyrannei" zu begründen, die die "christliche Zivilisation auslöschen" wolle, so Pfeffer weiter: "Dem muss widersprochen werden! Mit Jesus Christus, auf den sich die Unterzeichner berufen, haben derart wirre Thesen, die Ängste schüren, Schwarz-Weiß-Denken verfolgen, üble Feindbilder zeichnen und das Miteinander in unseren Gesellschaften vergiften, nichts zu tun."
Ähnlich äußerte sich am Sonntag die Bewegung "Wir sind Kirche". Den Reformgegnern um Kardinal Müller gehe es nicht darum, den Glauben zu verteidigen, sondern Angst zu schüren. "Das aber hat mit Glauben nichts zu tun", so die Gruppe. Gerade in einer großen Krise seien Vertrauen und Glaube gefordert: "Und dieser Glaube führt zu überwältigender Solidarität mit all denen, die unserer Hilfe bedürfen."
In dem Aufruf kritisieren verschiedene, zum Teil hochrangige Kirchenvertreter die Maßnahmen gegen eine schnelle Ausbreitung der Pandemie als Vorwand, um "Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" einzuschränken, einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit. Die Schutzmaßnahmen dienten der "Kriminalisierung persönlicher und sozialer Beziehungen". So ernst der Kampf gegen Covid-19 sein möge, dürfe er nicht "als Vorwand zur Unterstützung unklarer Absichten supranationaler Einheiten dienen, die sehr starke politische und wirtschaftliche Interessen verfolgen".
Der Aufruf geht auf eine Initiative des früheren Päpstlichen Botschafters in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, zurück und wurde außer von Kardinal Müller auch von Hongkongs Kardinal Zen sowie anderen Geistlichen, Medizinern, Journalisten und Anwälten unterzeichnet. Kurienkardinal Robert Sarah, Leiter der vatikanischen Gottesdienstkongregation, zog seine anfängliche Zusage einer Unterschrift am Freitag zurück. (cst/KNA)
10.05.2020, 12:30 Uhr: Aktualisiert um Statement von "Wir sind Kirche".