Papst ruft Gläubige an Pfingsten zu mehr kirchlicher Einheit auf
Papst Franziskus hat die Gläubigen an Pfingsten zu kirchlicher Einheit aufgerufen. Auch in der Kirche gebe es unterschiedliche Meinungen, Entscheidungen und Empfindungen, so Franziskus in seiner Predigt am Sonntagmorgen im Petersdom. "Aber unser Prinzip der Einheit ist der Heilige Geist." Für ihn "sind wir keine im Wind treibenden Konfettischnipsel, sondern unersetzliche Steinchen seines Mosaiks", so das Kirchenoberhaupt.
Er forderte dazu auf, an Pfingsten die einheitsstiftende Kraft des Heiligen Geistes zu erkennen. Entschieden wandte er sich gegen die Versuchung, "dass wir unsere eigenen Ideen bis aufs Messer verteidigen". Wer glaube, diese seien gut für alle und er komme nur mit jenen zurecht, die gleicher Meinung seien, liege falsch. "Das ist ein Glaube nach unserer Fasson, es ist nicht das, was der Geist will."
"Wenn man so denkt, kehrt die Hoffnung sicher nicht zurück"
Für diesen gebe es keine Rechten oder Linken, "für den Geist gehören wir zum Vater und zu Jesus", betonte Franziskus. Die Welt sehe Konservative und Progressive; der Geist sehe Kinder Gottes. Ein weltlicher Blick sehe Strukturen, die effizienter gestaltet werden müssten; ein geistlicher Blick sehe Brüder und Schwestern, die um Erbarmen bettelten.
Es gebe allerdings drei "Feinde der Hingabe", die einer solchen Erkenntnis im Wege stünden: Narzissmus, Selbstmitleid und Pessimismus. Der Rückzug auf die eigenen Bedürfnisse sei ebenso falsch wie ein verschlossenes Herz, das sich immer nur frage: "Warum sind die anderen nicht für mich da?" Auch ständige Schwarzmalerei sei angesichts der "dramatischen Situation", in der sich die Welt befinde, ausgesprochen schädlich. "Wenn man so denkt, kehrt die Hoffnung sicher nicht zurück."
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Zum Abschluss seiner Predigt bat der Papst den Heiligen Geist, die Menschen aus der "Lähmung des Egoismus" zu befreien. "Denn schlimmer als die gegenwärtige Krise wäre nur, wenn wir die Chance, die sie birgt, ungenutzt verstreichen ließen und uns in uns selbst verschlössen", mahnte er.
Die Pfingstmesse im Vatikan war wegen der Corona-Pandemie nicht öffentlich zugänglich. Nur einige Dutzend Gläubige durften an der Zeremonie in einer Seitenkapelle – mit Schutzmasken und Sicherheitsabstand – teilnehmen. Das Ereignis wurde live über TV und Internet übertragen.
Corona-Krise als Wende zum Besseren
Erstmals seit dem Corona-Lockdown sprach der Papst auch beim Angelus-Gebet wieder vom gewohnten Fenster des Apostolischen Palastes aus zu den Menschen auf dem Petersplatz. Dort hielten sich schätzungsweise einige Hundert Besucher auf – viel weniger als in der Zeit vor der Corona-Pandemie üblich. Die meisten trugen eine Schutzmaske und hielten sich an das Abstandsgebot.
Franziskus rief beim Gebet dazu auf, die Corona-Krise als Wende zum Besseren zu nutzen. Es gebe massenhaft Infizierte und Tote, auch unter den indigenen Völkern. Alle hätten ein Recht auf eine angemessene Gesundheitsversorgung. Ökonomische Interessen seien dagegen zweitrangig: "Menschen sind wichtiger als die Wirtschaft."
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Mit einer am Sonntag veröffentlichten Videobotschaft beteiligte der Papst sich zudem an der Gebetsaktion "Thy Kingdom Come" ("Dein Reich komme") des anglikanischen Erzbischofs von Canterbury. In dem Clip sicherte er Justin Welby zum Pfingstfest seine Verbundenheit zu. Franziskus äußerte vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie den Wunsch, dass Christen in aller Welt gemeinsam stärker "als Zeugen der Barmherzigkeit" auftreten mögen.
"Lasst uns den Heiligen Geist um das Geschenk der Einheit bitten", so das katholische Kirchenoberhaupt. Denn nur als Brüder und Schwestern sei es möglich, den Geist der Brüderlichkeit zu verbreiten. "Wir können nicht von anderen Zusammenhalt verlangen, wenn wir selbst getrennte Wege gehen", betonte der Papst. Nur zusammen werde es gelingen, die Herausforderungen der Corona-Krise zu meistern.
Bereits vor einem Jahr hatten Welby und Franziskus eine Videobotschaft für den Pfingstsonntag veröffentlicht. Darin ermutigten sie alle Christen, ihre Herzen für den Heiligen Geist zu öffnen. Die Gebetsaktion "Thy Kingdom Come" findet zwischen Christi Himmelfahrt (30. Mai) und Pfingsten (9. Juni) statt. Die Teilnehmer beten darum, dass sich noch mehr Menschen auf der ganzen Welt für die Botschaft Jesu begeistern. (cbr/KNA)